Formel 1 Formel 1: „Rot gegen Silber — auf Augenhöhe“

Kai Ebel, Interviewer-Urgestein des Fernsehsenders RTL, freut sich auf eine spannende Formel-1-Saison — zumindest auf eine spannendere, als es die letzte war. Wir haben mit Ebel vor dem Abflug nach Melbourne gesprochen, wo am Sonntag (6 Uhr, RTL) das erste von 21 Rennen der Königsklasse 2016 stattfindet.

Kai Ebel bei der Arbeit. Er interviewt Sebastian Vettel.

Foto: Jens Büttner

Mönchengladbach. Der 51-jährige aus Mönchengladbach ist seit 1988 RTL-Redakteur und seit 1992 ununterbrochen im Formel-1-Einsatz, aber auch bekannt für einen Bekleidungsstil, den viele Menschen für gewöhnungsbedürftig halten.

Herr Ebel, wir betreiben investigativen Journalismus und fragen daher nicht ohne Grund: Was tragen Sie gerade?

Eine schwarze Samthose, ein, wie ich finde modisches Hemd, und Cowboystiefel.

Passend für den nächsten Ausritt.

Genau, die Formel 1 scharrt mit den Hufen. Und in Melbourne bin ich immer wieder gern.

Sie sind ein Mann des mitunter extravaganten Outfits. Gern erinnern wir uns an ein von Ihnen geführtes Interview mit Sebastian Vettel, der lässig sagte: Schickes Kostüm trägst Du heute, Kai. Haben Sie es ihm übel genommen?

Natürlich nicht. Sebastian ist ein intelligenter und redegewandter Mann. Und über Mode und Outfits lässt sich ja bekanntlich streiten.

Also stört es Sie nicht, wenn in Zusammenhang mit Ihrer Arbeit auch immer wieder der textile Aspekt erwähnt wird.

Nein, aber darauf möchte ich mich auch nicht reduzieren lassen. Schließlich habe ich meinen Beruf von der Pike auf gelernt.

Das heißt?

Ich bin gebürtiger Gladbacher und verdiente mir meine ersten Sporen als freier Mitarbeiter der Rheinischen Post. Ich komme also, wenn Sie so wollen, aus der Printbranche. Ich habe auch über die Fußball-Bezirksliga berichtet.

Aber etwas Seriöses haben Sie doch auch gelernt.

Selbstverständlich. Ich habe einen Abschluss an der Deutschen Sporthochschule in Köln und bin offiziell Diplom-Sportlehrer.

Der nun Gott und die Welt kennt und interviewt.

Das haben Sie gesagt. Aber es stimmt, in 25 Jahren kommt Einiges zusammen.

Sie sind ein gnadenloser „Siezer“, obwohl Sie in der Branche von fast allen „geduzt“ werden. Was haben Sie lieber?

Ich richte mich nach den Vorgaben unseres Hauses, das nun einmal bei Interviews das „Sie“ verlangt.

Wo sehen Sie die Formel 1 in der medialen Wahrnehmung?

Man darf nie vergessen, wo wir herkommen. Als wir anfingen, hatten wir gerade mal eine Millionen Zuschauer.

Aber es gab auch andere Werte.

Stimmt. Wenn du dann mal 15 Millionen schaffst, dann ist das wie zu den großen Zeiten eines Michael Schumacher natürlich ein sensationeller Score.

Ist das Thema Formel 1 in Deutschland nicht zuletzt auch durch die sieben WM-Titel von Schumacher und vier von Vettel nicht ausgereizt?

Das sehe ich nicht so. Wenn es zu ähnlich packenden packenden Duellen wie seinerzeit zwischen Schumacher und Villeneuve kommt, dann wird sich das Interesse auch wieder erhöhen.

Was wäre die ideale Konstellation?

Ein echter Zweikampf zwischen Vettel und Lewis Hamilton. Rot gegen Silber - und das auf Augenhöhe. Das würde die Leute interessieren und sicherlich auch faszinieren.

Es gibt ja einige, die Bernie Ecclestone als Totengräber seiner eigenen Branche sehen. Jedenfalls lässt er selten ein gutes Haar an seinem Lieblingskind.

Bernie ist schon ein spezieller Mensch. Aber er ist einer, auf den man sich verlassen kann. Ecclestone ist ein Handschlag-Typ. Wenn er etwas zusagt, hält er es ein. Er hat mich einmal nach einen Wunsch-Interview-Partner gefragt, und da habe ich Mike Tyson genannt. Kein Problem, sagte Bernie, den besorge ich dir. Und so ist es gekommen.

Sie haben die große Karriere von Michael Schumacher hautnah miterlebt. Wissen Sie, wie es ihm aktuell geht?

Es ist Ihr gutes Recht, das zu fragen. Aber ich kann nichts Konkretes sagen und werde mich davor hüten, irgendwelche Spekulationen zu verbreiten.

Halten Sie Kontakt zur Familie?

Man hat sich ja im Laufe der Jahre kennen- und schätzengelernt. Ich habe Michaels Ehefrau Corinna ein paar Mal getroffen, auch seinen Sohn Mick, der ja ebenso wie sein Vater als Rennfahrer unterwegs ist. Aber ich habe nie irgendwelche Wasserstandsmeldungen abgefragt, da muss man einfach die Privatsphäre akzeptieren — auch wenn sich viele für Schumis Schicksal interessieren, was ich gut nachvollziehen kann.

Haben Sie spezielle Wünsche für die neue Saison?

Wie gesagt - es sollte schon ein wenig mehr Spannung reinkommen. Echte Duelle faszinieren die Menschen. Und dann habe ich die Hoffnung, dass sich ein hoch veranlagter Pilot wie Pascal Wehrlein gut in Szene setzen kann. Und einer, der ebenfalls sehr stark fährt, etwas mehr Fortune hat - ich meine damit Nico Hülkenberg, den ich gern einmal auf dem Podest sehen würde.

Apropos Podest — dort sieht man Sie auch gelegentlich. In einer Reihe mit Eddie Jordan oder David Coulthard.

Stimmt, es macht mir riesigen Spaß, bei der Siegerehrung die Fahrer zu interviewen.

Oft erzählen sie auf der großen Bühne mehr als vor den TV-Mikrofonen.

Das ist richtig. Aber ihnen fällt es dann auch leichter, weil sie ja auf dem Podium stehen. Da lässt es sich leichter plaudern. Für den Interviewer als auch für den Fahrer.