Genügsamer Weltmeister: Vettel fremdelt mit „Suzie“

Shanghai (dpa) - Im Promi-Rennen auf den Straßen von Shanghai war Sebastian Vettel endlich wieder Sieger. Nach den Spaß-Runden mit chinesischen VIPs vor dem Grand Prix in der Millionen-Metropole lag der viermalige Formel-1-Weltmeister zumeist auf seinem alten Stammplatz: ganz vorn.

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Vettel ist notgedrungen genügsam geworden. „Ich habe kein Problem damit, Sechster oder Achter oder Zehnter zu werden“, beteuerte er mit entspannter Miene im rappelvollen Red-Bull-Pavillon an Shanghais Formel-1-Strecke.

Frust? Druck? Verzweiflung? Fehlanzeige. Der Seriensieger der Vorjahre gibt sich als lächelnder Realist, der auch mit Niederlagen umzugehen weiß. „Top Fünf, das wäre ein gutes Ergebnis für uns“, meinte Vettel.

Als WM-Sechster ist der Titelverteidiger nach China gereist. In seinem sechsten Jahr bei Red Bull steht Vettel damit schlechter da als je zuvor zu diesem Zeitpunkt. Spätestens im vierten Grand Prix hat der Hesse in jeder Saison beim Weltmeister-Team sein erstes Rennen gewonnen. Für Sonntag aber rechnet der 26-Jährige nicht mit einer Siegerparty. „Es wäre eine Riesenüberraschung, wenn wir die Lücke schließen können“, sagte Vettel.

Diesmal ist es nicht sein Red Bull, der für die Konkurrenz zumeist uneinholbar scheint. Mercedes gibt jetzt den Ton an. „Man sieht, dass uns bei den Speedwerten ein bisschen was fehlt - ein bisschen viel“, umschrieb Vettel seine Hauptsorge mit gewohnter Ironie. Bis zu 80 PS fehlen seinem Renault-Motor wohl zum überlegenen Mercedes-Triebwerk.

„Wir würden uns wünschen, dass wir grenzenlos PS dazupacken könnten, aber es gibt keine Leistung extra“, erklärte Vettel. Die neuen Sechszylinder-Turbos dürfen durch das Regelwerk während der Saison nur bei Benzinverbrauch und Standfestigkeit verbessert werden.

„Der Grundfehler war, dass Renault viel zu spät angefangen hat“, sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko in einem Interview der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Zwar sei es der Rennstall gewohnt, mit weniger PS die Rivalen in Schach zu halten, doch derzeit sei der Nachteil gegenüber Mercedes zu groß. „Sie haben mehr Leistung, eine bessere Fahrbarkeit und weniger Verbrauch“, stellte Marko fest.

Und so fremdelt Vettel noch immer mit seinem neuen Dienstwagen, den er „Suzie“ getauft hat. „In den vergangenen Jahren wussten wir, an welchen Stellschrauben wir drehen mussten, um das entsprechende Ergebnis zu bekommen. Jetzt sind ein paar dieser Schräubchen weggefallen und viele neue dazugekommen“, sagte der amtierende Champion. Er fühle sich noch nicht wohl im Auto, habe seinen Rhythmus noch nicht gefunden.

Es könnte ein hartes Jahr für den erfolgsverwöhnten Wahl-Schweizer werden. Fünf Titel in Serie wie einst Michael Schumacher bei Ferrari, dieses Ziel ist für Vettel in weite Ferne gerückt. Noch aber glaubt er an ein Gelingen der Aufholjagd auf Mercedes. „Wir müssen maximal punkten, bis wir sie eingeholt haben. Und das ist hoffentlich bald der Fall“, sagt Vettel. Das Freitagstraining in Shanghai gab nur wenig Anlass für Optimismus. Vettel kam nicht über die Plätze neun und fünf hinaus.