In der Formel 1 nehmen die Frauen Fahrt auf

Silverstone (dpa) - Im Hochglanz-Magazin „Vogue“ machte sie als langbeinige Boxen-Schönheit eine gute Figur, jetzt will es Susie Wolff den Männern endlich auch auf der Formel-1-Strecke zeigen.

Bei den Nachwuchstests der Königsklasse in Silverstone durfte die Schottin erstmals einen kompletten Übungstag im Williams-Boliden absolvieren und fuhr dabei die neuntbeste Zeit. „Das ist eine fantastische Chance für mich“, sagte die 30-Jährige, bevor sie vor 7000 Fans insgesamt 89 Runden drehte. Wolff fühlt sich ihrem großen Ziel wieder ein Stück näher: als erste Frau seit 37 Jahren bei einem WM-Lauf der Formel 1 zu starten.

Der weibliche Einfluss im Grand-Prix-Zirkus ist schon jetzt größer denn je. Monisha Kaltenborn führt den Sauber-Rennstall als erste Teamchefin der Formel-1-Historie. Claire Williams ist nach ihrer Beförderung zur Stellvertreterin die designierte Nachfolgerin ihres Vaters Frank an der Spitze des Traditionsteams. Weltmeister Sebastian Vettel lässt seine PR-Interessen von Britta Roeske vertreten. „Es gibt keinen Grund, warum junge Frauen nicht in die Formel 1 kommen können, ob als Fahrer oder Techniker - schickt einfach Euren Lebenslauf“, sagt Claire Williams.

Sie selbst hat sich durchgeboxt, auch gegen den Willen ihres Vaters. Frank Williams wollte prinzipiell keine Familienmitglieder in seinem Team. Doch über die PR- und Marketing-Abteilung diente sich die 36-Jährige bis fast ganz nach oben. „Ich werde genauso fair behandelt wie ein Mann auch. Also mache ich mir darüber überhaupt keine Gedanken“, erklärt Williams.

Auch Kaltenborn sieht für Frauen durchaus Karrierechancen in der einstigen Machowelt der Formel 1. „Fachlich spielt das Geschlecht keine Rolle“, versichert die Österreicherin mit indischen Wurzeln und deutschem Ehemann. Auch ihre Pflichten als zweifache Mutter könne sie durchaus mit den Aufgaben als Teamchefin vereinbaren. „Die Kinder dürfen mich immer anrufen, und das tun sie auch. Da kennen die nix“, erzählt die 42 Jahre alte Juristin.

In der Vorsaison löste Kaltenborn Team-Gründer Peter Sauber an der Spitze des Rennstalls ab. „Sie hat eine klare Meinung, kontrolliert die Dinge und kann sich fast immer durchsetzen“, urteilt Chefvermarkter Bernie Ecclestone. Mit Verhandlungsgeschick und Beharrlichkeit erschloss Kaltenborn zuletzt eine frische Geldquelle in Russland und bewahrte das klamme Team so vor dem Aus.

Frauen in der Formel 1 sind längst viel mehr als schmückendes Beiwerk in den Garagen oder der Startaufstellung. Eine Frau im Cockpit ist längst überfällig. Die letzte Pilotin in einem Grand Prix war die Italienerin Lella Lombardi 1976. Im Vorjahr machte der schwere Unfall der spanischen Testpilotin Maria de Villota Schlagzeilen, die in einen Laster raste und dabei ein Auge verlor. „Ich glaube nicht, dass Frauen geeignet sind, ein Formel-1-Rennen zu gewinnen“, lästerte PS-Legende Stirling Moss unlängst - um sich bald darauf persönlich bei Susie Wolff zu entschuldigen.

„Viele glauben, Frauen können es im Motorsport nicht schaffen, viele sind sogar dagegen. Aber ich denke, wenn man es ins Fahrerlager geschafft hat, dann hat man sich seinen Platz verdient“, sagt Wolff. Unter ihrem Mädchennamen Susie Stoddart fuhr sie bereits im Deutschen Tourenwagen Masters. Jetzt arbeitet die Frau von Toto Wolff, dem neuen Mercedes-Motorsportchef, ihrem großen Traum von einem Grand-Prix-Start entgegen. „Susie ist sehr ehrgeizig“, stellt Förderin Claire Williams fest - und wagt ein großes Versprechen: „Wir werden auf jeden Fall eine Frau in die Startaufstellung bekommen.“