Kein Ende für Vettels Juli-Fluch - Webber jubelt

Silverstone (dpa) - Auf dem Podium feierte Lausbube Sebastian Vettel fast wie ein Sieger: Frech goss der Doppel-Weltmeister der britischen Formel-1-Legende Sir Jackie Stewart den Schampus über die karierte Mütze.

Nach Platz drei in seinem 90. Grand Prix war von schlechter Laune bei Vettel keine Spur, obwohl der Rückstand auf WM-Spitzenreiter Fernando Alonso und den triumphalen Silverstone-Sieger Mark Webber weiter gewachsen ist. Respektvoll gratulierte der Deutsche seinem Red-Bull-Teamkollegen, der im WM-Titelkampf kräftig mitmischt: „Ich habe den Vorteil, dass er in meinem Team ist. So kann ich sehen, was er macht“, sagte der kesse Hesse.

Webber konnte seinen zweiten Saisonerfolg nach Monaco hingegen selbst kaum begreifen. „Das ist ein unglaublicher Sieg. Ich bin sehr stolz“, sagte der Australier, nachdem er den Schampus von Stewarts Mütze wieder weggewischt hatte. Vettel wartet hingegen seit Bahrain im April auf den zweiten Erfolg in diesem Jahr. Er trug es mit Fassung. „Nach dem bitteren Ausfall in Valencia war das ein gutes Rennen für uns, darauf kann man aufbauen“, sagte Vettel. Beim Hafenrennen hatte ihn eine defekte Lichtmaschine gestoppt.

Schließlich kann er bereits in zwei Wochen den nächsten Versuch unternehmen, seinen Juli-Fluch zu beenden, nachdem es auch im neunten Anlauf nichts mit dem ersten Sieg in seinem Geburtsmonat wurde. Mit 100 Punkten vor dem zehnten WM-Lauf hat Vettel nun allerdings auch schon 29 Zähler Rückstand auf den Silverstone-Zweiten Alonso und 16 auf Webber, gegen den Vettel diesmal chancenlos war. „Das war eine der Strecken, auf der Mark immer schneller war“, kommentierte Red-Bull-Teamchef Christian Horner den besseren Ausgang für den Australier im Teamduell mit dem Doppelweltmeister aus Deutschland.

Gar nichts ging hingegen bei Mercedes. Michael Schumacher musste sich nach Platz drei in Valencia mit dem siebten Rang begnügen. Die Regenrechnung war nicht aufgegangen. Teamkollege Nico Rosberg wurde gar nur 15. „Ich bin hierhingekommen mit der Hoffnung aufs Podium zu fahren, und jetzt bin ich 15. Echt abhaken das Wochenende“, kommentierte der enttäuschte Rosberg. „Das Auto war am Anfang schwierig und zu langsam“, urteilte Schumacher.

An der Spitze fiel die Entscheidung in einem lange Zeit wenig spektakulären Rennen erst gegen Ende: Der von der Pole Position gestartete Alonso steuerte einem ungefährdeten Erfolg entgegen, ehe Webber ihn dank der besseren Reifen-Strategie fünf Runden vor Schluss noch abfing. „Ein großer Tag für uns, ein großer Tag für mich“, funkte der Australier Webber seiner Mannschaft noch im Wagen zu.

Vettel hatte am Start zu viel eingebüßt, um am Ende ganz vorn zu stehen. An Schumacher, der sich Startrang drei vor ihm in der von Dauerregen für 92 Minuten unterbrochenen Qualifikation gesichert hatte, kam Vettel nicht vorbei. Stattdessen wurde er auch noch von Felipe Massa im zweiten Ferrari überholt.

Im 48. Umlauf von 52 Runden fiel die Entscheidung um den Sieg. Webber zog außen spektakulär an dem Spanier im Ferrari vorbei. „Am Ende war Mark einfach sehr viel schneller als ich. Er hat den Sieg verdient“, konstatierte der von den beiden Red-Bull-Piloten auf dem Siegerpodest in die Zange genommene Alonso.

Angesichts des starken Teamergebnisses konnte Vettel den erneut verpassten Sieg verschmerzen. Bei der anschließenden Pressekonferenz erkundigte er sich sogar nach dem Zwischenstand beim Tennis-Finale im Wimbledon und kündigte an: „Unsere Fabrik liegt die Straße runter, es ist unser Heimrennen. Wir werden noch ein paar Drinks heute Abend haben.“ Vettel hatte zuvor im Rennen durch einen vorgezogenen Reifenwechsel nach seinem schwachen Start Boden gut gemacht und war dabei sowohl an Massa wie auch an Schumacher wieder vorbeigezogen.

Der 25-Jährige war aber auch so gut wie der einzige deutsche Pilot, der ein zufriedenes Fazit ziehen konnte. Landsmann Nico Hülkenberg verpasste im Force India als Zwölfter die Punkteränge. Ihm war ein Getriebewechsel und eine Strafe von fünf Plätzen zurück in der Startaufstellung zum Verhängnis geworden. Timo Glock wurde am Ende einer schweren Woche für seinen Marussia-Rennstall durch den tragischen Unfall von Testfahrerin Maria de Villota 18.

In zwei Wochen will es das deutsche Quintett auf dem Hockenheimring aber insgesamt besser machen. „Es sollte gut für uns werden. Das Auto wird immer schneller“, sagte Vettel. „Der Hockenheimring ist ja keine Highspeed-Strecke. Da sieht die Situation ganz anders aus“, meinte Kumpel Schumacher und flehte grinsend: „Bringt ein bisschen Regen mit!“