Nürburgring und Hockenheim streiten um deutschen GP
Nürburg (dpa) - Zwischen den Formel-1-Traditionsstrecken Nürburgring und Hockenheim ist ein Streit um den Großen Preis von Deutschland entbrannt. Auslöser ist ein angeblicher Fünfjahres-Deal des Nürburgrings mit Chefvermarkter Bernie Ecclestone für den deutschen Grand Prix von 2015 an.
Der neue Strecken-Besitzer Capricorn Nürburgring GmbH (CNG) verkündete die Vereinbarung und brüskierte damit die Betreiber des Hockenheimrings. „Ich finde es unmöglich, zum jetzigen Zeitpunkt und so kurz vor unserem Grand Prix eine solche Meldung in diese Welt zu setzen“, schimpfte Hockenheim-Geschäftsführer Georg Seiler.
Formel-1-Chef Ecclestone bestätigte Verhandlungen mit dem Nürburgring. „Ich habe mich mit den Leuten von Capricorn getroffen und mit ihnen besprochen, wie wir mit ihnen einen längerfristigen Vertrag abschließen können. Ich bin dazu bereit“, sagte der Brite am Dienstag der Online-Ausgabe der Zeitschrift „auto motor und sport“. Gleichzeitig deutete der 83-Jährige an, dass der laufende Vertrag mit Hockenheim und dem Nürburgring über die alternierende Austragung des Großen Preises von Deutschland eine Ausstiegsklausel hat.
Demnach ist der Vertrag laut „ams“ offenbar kündbar, wenn ein Veranstalter in Deutschland zu besseren Konditionen abschließen kann. „Wir werden den Vertrag mit Hockenheim respektieren. Wenn wir mit dem Nürburgring ein langfristiges Abkommen abschließen, dann ist es das Beste, den bestehenden Vertrag zu beenden und bereits 2015 mit dem neuen zu beginnen“, erklärte Ecclestone dem Fachmagazin.
Am 20. Juli fährt die Formel 1 das nächste Mal in Hockenheim, auch für 2016 und 2018 hat der nordbadische Kurs nach eigenen Angaben einen gültigen Vertrag mit Ecclestone. Auf diesen Kontrakt will Hockenheim bestehen. „Ich gehe davon aus, dass beide Seiten diesen Vertrag erfüllen werden und wollen“, sagte Oberbürgermeister Dieter Gummer (SPD) der Nachrichtenagentur dpa.
Ecclestone erklärte dazu: „Es spricht nichts gegen Hockenheim, außer dass es den Anschein hat, dass unsere Freunde in Hockenheim nicht in der Lage sind, unsere Bedingungen zu erfüllen. Deshalb haben wir mit ihnen einen Spezialvertrag gemacht, um ihnen zu helfen. Aber auf dieser Basis können wir nicht ewig weitermachen.“ Man könne mit Hockenheim einen neuen Vertrag abschließen: „Hockenheim müsste dann aber zu den gleichen Konditionen abschließen wie andere Leute.“
Zuletzt wechselten sich die beiden deutschen Formel-1-Strecken jährlich als Gastgeber des deutschen Rennens ab. Ein Vorab-Bericht der Koblenzer „Rhein-Zeitung“ zu der angeblichen Einigung erwischte die Hockenheimring-Chefetage kalt. „Fakt ist, dass ich von der Meldung überrascht wurde“, bekannte Seiler. „Ich habe Herrn Ecclestone bislang als fairen und guten Partner kennen und schätzen gelernt“, sagte der Geschäftsführer.
Nach der Pleite und der Zukunftsangst suchen die neuen Besitzer der mythischen Eifel-Rennstrecke anscheinend ihr Heil weiter in der Königsklasse. CNG-Chef Robertino Wild will Ecclestone der Mitteilung zufolge von seinen Formel-1-Plänen überzeugt haben. Vorgesehen sei ein Finanzierungsmodell mit einer „ausgeglichenen Gewinnverteilung“ zwischen beiden Partnern, hieß es. Nun sollten umgehend Gespräche mit potenziellen Geldgebern aufgenommen werden.
Mit der teuren Formel 1 haben sich in der Vergangenheit schon viele Strecken-Betreiber übernommen, auch die deutschen Veranstalter rutschten zuletzt mit dem Grand Prix in die Verlustzone. Immer wieder hatten die deutschen Fans wegen der finanziellen Probleme der Strecken in den vergangenen Jahren um den Heim-Grand-Prix bangen müssen. Nur das Entgegenkommen von Ecclestone, der einen wichtigen Kernmarkt nicht aufgeben wollte, und die Einigung auf ein jährliches Wechselspiel sicherten vorerst den Großen Preis von Deutschland.
Dass es in den kommenden Jahren erneut zwei WM-Läufe in einer Saison in Deutschland geben könnte, erscheint höchst fraglich. Längst hat die Rennserie neue Märkte vor allem in Asien und im arabischen Raum erobert. Dort kassiert Ecclestone deutlich höhere Antrittsgebühren von den Veranstaltern. Die Europa-Rennen sind dagegen auf dem Rückzug, vor allem wegen finanzieller Probleme. Zudem ist der Kalender mit 19 Rennen bereits fast am Limit, neue Anwärter wie Aserbaidschan und New Jersey sollen nachrücken. Da wird der Platz für zwei Rennen in Deutschland knapp.