Selbstbewusster Staatsanwalt Quincy im Rampenlicht
Alberville (dpa) - Dieser Mann zelebriert die Hierarchie französischer Administrationen. Bei der Pressekonferenz im modernen Justizpalast von Albertville lässt Patrick Quincy keinen Moment Zweifel aufkommen, wer Herr in diesem Saal ist.
Der 62 Jahre alte Staatsanwalt antwortet meist selbst auf die Fragen zum schweren Skiunfall von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher. Nur wenn er im Angesicht der mehr als 100 Journalisten aus aller Welt selbst nicht weiter weiß, lässt er einen der fünf Ermittler an seiner Seite zu Wort kommen.
Im Gerichtssaal der Staatsanwaltschaft ist er hinter einer Mauer von Mikrofonen kaum zu entdecken. Quincy entschuldigt sich bei den rund zwei Dutzend Kamerateams, dass sie so kein schönes Bild von ihm bekommen. Der optische Eindruck scheint dem Herrn des Verfahrens durchaus wichtig zu sein. Nach Ende der knapp 40-minütigen Pressekonferenz bleiben er und sein Team so lange sitzen, bis Fotoapparate und TV-Kameras stillzustehen scheinen. Nein, er wolle keine Bilder beim Rausgehen.
Die Pressekonferenz in Albertville war mit Spannung erwartet worden. Viele Fragen und Spekulationen um Unfallort, Skier, Geschwindigkeit oder Pistenmarkierung herrschten seit dem Unfall im Skigebiet von Méribel am 29. Dezember. Für die ersten offiziellen Antworten war praktisch der gesamte Medientross vom Krankenhaus in Grenoble umgezogen ins rund 80 Kilometer entfernte Albertville.
Den Parkstreifen vor dem „Palais de justice“ in Albertville belegte eine lange Reihe von Übertragungswagen internationaler Sender. Das Gebäude selbst sicherten zahlreiche Absperrgitter und rund ein halbes Dutzend Polizisten vor dem Eingang.
Schumachers schwerer Unfall und die Folgen haben über Tage Nachrichtensendungen weltweit beherrscht. Noch am Dienstag hatte seine Ehefrau Corinna Schumacher auf den dadurch bedingten Rummel im Universitätskrankenhaus von Grenoble reagiert: „Verlassen Sie die Klinik. Bitte lassen Sie auch unsere Familie in Ruhe.“
Staatsanwalt Quincy scheint den Medienauftrieb im Justizpalast von Albertville eher zu genießen. Auf einige der fragenden Journalisten wirkt er cool und selbstbewusst, andere nennen es hochnäsig. Zwar gilt die Causa Schumacher als erster international beachteter Fall des seit 2009 in den Savoyer Alpen amtierenden Staatsanwalts.
Der Mann hat aber schon einiges gesehen: Im Kongo geboren, auch 20 Jahre dort gelebt, Karrierestationen in den französische Überseegebieten Réunion und Guadeloupe, auf dem Festland eingesetzt in Aix-en-Provence im Süden und Saint-Quentin, ganz im Norden der Republik.
„Es ist auch meine Aufgabe, das Gesetz durchzusetzen“, machte er einmal in der Regionalzeitung „Le Dauphiné Libéré“ deutlich. Eine von ihm beschriebene Eigenschaft könnte nun bei der Aufklärung des Unfalls Schumachers besonders helfen: „Ich bin hartnäckig, ich verfolge mein Ziel bis zum Ende.“