„Wirklich Hammer“: Vettels vierter Titel Selbstläufer
Suzuka (dpa) - Nach der Verschiebung der Krönungsfeier entschwand Sebastian Vettel im Privatflieger von Kimi Räikkönen auf dem schnellsten Weg nach Hause.
„Ein bisschen Ruhe“ will sich der Formel-1-Dauersieger jetzt gönnen, bevor er nun eben am 27. Oktober in Indien mit ziemlicher Sicherheit zum vierten Mal Weltmeister wird. „Ob das dort passiert oder nicht, ist nicht so wichtig. Hauptsache, es passiert“, sagte Vettel völlig entspannt nach seiner strategischen Meisterleistung beim Erfolg in Japan.
Die Gelassenheit kann sich der Red-Bull-Pilot nach fünf Siegen in Serie und neun in dieser Saison leisten. Vier Rennen hat Vettel Zeit, die letzten Millimeter zum WM-Triumph zurückzulegen. „Die beste Chance, das zu erreichen, ist einfach nicht dran zu denken“, behauptete der 26-Jährige. In der Tat wirkt der Titelgewinn längst wie ein Selbstläufer. Zehn Punkte fehlen Vettel noch zur absoluten Gewissheit. Zum Vergleich: In den bisherigen 15 Saisonläufen hat er 297 Zähler geholt, das sind 19,8 im Schnitt.
„Wir durften nicht erwarten, dass Seb diese Erfolgsserie haben würde. Aber er fährt einfach überragend“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Bester Beweis: Mit seiner Punktausbeute würde Vettel allein auch die Teamwertung anführen, er hat genauso viele Zähler auf dem Konto wie die Ferrari-Piloten Fernando Alonso und Felipe Massa zusammen.
Der WM-Zweite Alonso schaut sich die Fahrertabelle schon gar nicht mehr an, obwohl er Vettel als einziger theoretisch noch abfangen kann. Bei 90 Punkten Rückstand aber müsste der Spanier schon drei Rennen gewinnen und einmal Zweiter werden, um das zu ermöglichen. Und Vettel dürfte dann insgesamt nur noch zwei Punkte holen. Alonso werde schon „mehrere Wunder brauchen“, schrieb „Le Figaro“. Alonsos letzter Sieg ist fünf Monate her. „Wir haben jetzt andere Ziele. Und wenn es mathematisch entschieden ist, werden wir ihm gratulieren“, erklärte der Scuderia-Star.
Glückwünsche hatte sich Vettel bereits nach seiner reifen Vorstellung in Suzuka verdient. Geduldig wartete er auf seine Chance, ehe er dank der besten Boxenstopp-Taktik cool an Teamgefährte Mark Webber und Lotus-Pilot Romain Grosjean vorbeizog. „Nicht mit dem Vorschlaghammer, sondern mit dem Skalpell“, habe der Deutsche seinen 35. Karrieresieg erbeutet, lobte der britische „Guardian“.
Den Verdacht, Webber zugunsten von Vettel mit einem eigentlich unnötigen dritten Reifenwechsel eingebremst zu haben, wies die Teamspitze entschieden zurück. Der Australier fügte sich mit leichtem Grummeln. Auf einen weiteren Disput mit Vettel hat der 37-Jährige kurz vor Ende seiner Formel-1-Laufbahn wohl keine Lust mehr. Lieber verabschiedete er sich für einen Kurz-Urlaub in die Heimat „für ein bisschen Surfen“.
Das könnte eigentlich auch Vettel bis zum Ende des Jahres machen. Aber der Triple-Champion erlaubt sich keinen Schlendrian. In einer Grußbotschaft auf seiner Homepage kündigte er an, auch diese Woche wieder fürs Training nutzen zu wollen. „Der Kerl ist wirklich der Hammer. Er ist ganz klar der Beste, macht die wenigste Politik, lässt sich am wenigsten ablenken, arbeitet am meisten“, analysierte der frühere Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug im BR-Fernsehen.
Angesichts der drückenden Vettel-Dominanz sinken bei den Jägern auch die Hoffnungen, den Heppenheimer dank der umfassenden Regeländerungen 2014 endlich einfangen zu können. „Das Unschlagbare wird weitergehen. Die anderen müssen im Winter mächtig aufrüsten, um denen Paroli bieten zu können“, befand Niki Lauda, der Team-Aufsichtsratschef von Mercedes. Kein Wunder, dass Silberpfeil-Star Lewis Hamilton auf die Frage, welches Ziel er für den Rest des Jahres anpeile, spöttisch antwortete: „Weihnachten.“