Formel-1-Finale Rosberg will nicht rechnen - Hamilton eröffnet die Stichelei

São Paulo (dpa) - Nico Rosberg zog die Augenbrauen hoch und schaute verwundert. „Warum sollte ich mir darüber Gedanken machen?“, entgegnete er im Motorhome seines Arbeitgebers auf die Frage, ob er sich auch über einen dritten Platz beim Finale der Formel-1-WM in knapp zwei Wochen freuen würde.

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„Ich möchte da gewinnen“, betonte Rosberg nach dem Regen-Drama von Brasilien und seinem erneuten zweiten Platz hinter Lewis Hamilton. Er will auch beim 21. und definitiv letzten Duell um den Titel in diesem Jahr zwischen ihm und seinem Mercedes-Teamkollegen nicht rechnen müssen. Er will die Serie des Briten brechen und sich mit einem eigenen Sieg zum Weltmeister krönen - selbst wenn es in Abu Dhabi auf dem Podest Rosenwasser statt Champagner gibt. Selbst wenn ihm bereits Platz drei den ersten WM-Triumph seiner nun elf Jahre dauernden Formel-1-Karriere garantieren würde.

Über hätte, wenn und aber will er sich den Kopf nicht zerbrechen, in den Tagen bis zum letzten Saisonrennen in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Rosberg kann sich nach seinem dritten zweiten Platz nacheinander hinter dem wiedererstarkten und kämpferischen Titelverteidiger Hamilton einiges leisten, um sein Jahr zu krönen. „Infarkt-Finale“, schrieb die spanische Zeitung „Marca“.

Hamilton, der 2011 und 2014 auf dem Yas Marina Circuit gewann, muss hingegen das Optimale rausholen und selbst das allein reicht nicht. Er muss darauf hoffen, dass andere wie der neue Regenkönig Max Verstappen oder auch Abu-Dhabi-Rekordsieger Sebastian Vettel von Ferrari sich zwischen ihn und Rosberg setzen. Oder, dass Rosberg anders gestoppt wird.

Also versucht der Brite, seinen deutschen Widersacher ein bisschen zu verunsichern. „Nico ist bisher jedes Rennen zu Ende gefahren, außer Barcelona, wo wir es beide nicht geschafft haben“, sagte Hamilton - die beiden waren dort kollidiert. „Er hatte eine fantastische Zuverlässigkeit“, betonte Hamilton. Zwischen den Zeilen stand da: Und ich hatte sie nicht. Der Brite wurde ein paar Mal von Motorproblemen entscheidend zurückgeworfen.

Rosberg hörte sich die ruhig vorgetragenen Sätze an, lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und warf Hamilton bei der Sieger-Pk nur einen Seitenblick zu. Später im Mercedes-Streckenquartier setzte Hamilton den nächsten kleinen Stich. „Ich bin glücklich. Nico fährt im Moment so gut wie nie, aber heute hatte er mir nichts entgegenzusetzen“, meinte der Brite. Der Londoner „Evening Standard“ sah „eine Regenwetter-Meisterleistung“.

Rosberg indes hatte sich schon im Rennen mit Platz zwei abgefunden, wollte im Wetter-Chaos keinen Ausfall riskieren. Am Ende schaltete er die Leistung seines Antriebs runter. „Das macht ihn für Abu Dhabi schneller“, erklärte Rosberg. „Jetzt erwartet uns ein Showdown in Abu Dhabi“, betonte Mercedes-Teamchef Toto Wolff: „Unsere Aufgabe ist einfach: Wir müssen beiden Fahrern ein Auto geben, mit dem sie bis zur Zielflagge kämpfen können.“

Schon einmal verlor Rosberg im finalen WM-Duell im Wüstenstaat wegen eines Defekts, 2014 schleppte er nach dem Start von der Pole aus seinen Wagen nur als 14. ins Ziel. Aufgeben wollte er damals nicht. Im vergangenen Jahr gewann er in Abu Dhabi, da war die WM allerdings auch schon zum zweiten Mal zu seinen Ungunsten entschieden.

Hamilton will ihn jagen. Das kündigte der Brite schon bei der Siegerehrung in São Paulo an. „Ich kann nicht aufgeben, du weißt nie, was passiert. Es ist unwahrscheinlich. Aber du weißt es nicht...“, sagte er später, ehe er eilig das Fahrerlager verließ.

Auch Rosberg machte sich fix auf den Heimweg. Er wirkte zufrieden, entspannt, aber keinesfalls übermütig. Zwölf Punkte Vorsprung nimmt er mit ins letzte Saisonrennen. Platz eins, zwei oder drei - und er ist dort Weltmeister. Bei Platz vier bis sechs dürfte Hamilton maximal Zweiter werden, bei Platz sieben und acht von Rosberg darf der Brite höchstens auf Rang drei kommen. Verpasst Hamilton als Vierter das Podest, steht Rosberg auch als Weltmeister fest. Aber rechnen will Rosberg nicht.