„Schweizer Ärzte für Schumi!“ - Sein Schicksal bewegt
Lausanne (dpa) - Die Nachricht ging um die Welt: „Michael Schumacher liegt nicht mehr im Koma“. Das Interesse am Schicksal des Rekordweltmeisters ist weiterhin riesig, auch in seiner Wahlheimat Schweiz.
Doch die Aussichten sind ungewiss.
Schlagzeilen hatte die Uni-Klinik in Lausanne (CHUV) zuletzt mit Jassir Arafat gemacht. Als CHUV-Experten im vorigen Jahr untersuchten, ob der Ex-Palästinenserführer einem Giftmord mit Polonium zum Opfer gefallen sein könnte, wurden sie von Medien aus aller Welt bedrängt.
Jetzt stehen wieder Kamerateams und Reporter vor dem Uni-Klinikum unweit des malerischen Genfer Sees - vom Lokalsender Tele Züri über Radio France bis zur großen BBC. „Ein einziges Bild von Schumi mit offenen Augen, vielleicht gar lächelnd, das wäre die absolute Sensation“, sagt ein französischer Fotograf. „Darauf würde ich auch viele Wochen warten.“
Wochen, Monate, Jahre? Niemand weiß, wie lange es dauern wird, bis die Genesung von Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher solche Fortschritte macht, dass an einen offiziellen Fototermin auch nur entfernt zu denken wäre. Abgeschirmt von den Medien - wie schon in den vielen Monaten zuvor im Krankenhaus in Grenoble - wurde der 45-Jährige in einem Krankenwagen zum Hintereingang der Lausanner Uni-Klinik gebracht. Sicherheitskräfte achten darauf, das ausschließlich das medizinische Personal und die Familie zu ihm gelangen.
Klinik-Sprecher Darcy Christen bestätigte zwar, dass Schumacher nun von Ärzten der CHUV behandelt wird. Doch zugleich machte er wie auch Schumacher-Managerin Sabine Kehm klar, dass bis auf weiteres keinerlei Einzelheiten zum Verlauf der Rehabilitation bekanntgegeben werden.
Erwartungsgemäß löste selbst diese knappe Mitteilung ein riesiges Medienecho aus. Auch - und gerade - in der Schweiz, wo die Schumachers seit Jahren leben. Seit dem verhängnisvollen Ski-Unfall des Formel-1-Stars vor rund 170 Tagen war die Anteilnahme der Eidgenossen kein Jota weniger stark als in seiner deutschen Heimat.
„Schweizer Ärzte für Schumi!“ und „Schumi ist wieder da!“, titelte die populäre Zeitung „Blick“ am Dienstag fast schon triumphierend. Auf die Nachricht, dass Schumacher nicht mehr im Koma liegt, habe die Welt fünfeinhalb Monate gewartet, hieß es in der renommierten „Neuen Zürcher Zeitung“.
Zugleich wirkte diese Botschaft in der Kombination mit der strikten Einhaltung der ärztlichen Schweigepflicht durch die CHUV-Mediziner wie ein Startschuss für Spekulationen. Aber auch für durchaus seriöse Überlegungen zum Verlauf und möglichen Erfolgen der Rehabilitation.
Eine Frage wurde rasch nachvollziehbar beantwortet: Warum wurde Schumacher nicht in ein hoch spezialisierte Zentrum in Basel gebracht? Weil man zum einen offenbar auch der Lausanner Klinik eine fachlich exzellente Behandlung zutraut. Zum anderen aber erscheint den Experten als besonders wichtig, dass Schumacher eine Rehabilitation in vertrauter Umgebung und ständigem Kontakt zu seinen Angehörigen ermöglicht wird.
Der Familiensitz in Gland am Genfer See ist nur rund 30 Autominuten von der Lausanner Klinik entfernt. Die Umgebung mit dem See und den Savoyer Alpen am anderen Ufer ähnelt der um Schumachers Villa.
Allerdings schwanken die in Schweizer Medien zitierten Einschätzungen von Fachleuten zwischen Schwarzsehen und Zuversicht. Dagegen feierte die bulgarische Tageszeitung „Standart“: „Ein Wunder!“. „Good News“ bilanziert die „Gazzetta dello Sport“ aus Italien. Weniger optimistisch ist die französische Zeitung „Le Figaro“: „Der neue Kampf des Michael Schumacher. Auch wenn der frühere Rennfahrer aus dem Koma aufgewacht ist - seine Zukunft sieht weiterhin eher düster aus“, heißt es in dem Blatt.
Belastbare Fakten über Schumachers weiteren Weg in der Rehabilitation wird es wohl vorerst nicht geben, das stellte seine Beraterin Kehm in ihrer Mitteilung vom Monat mit Nachdruck klar. „Außerhalb der Öffentlichkeit“ solle die weitere Entwicklung bleiben. Schumachers Schicksal müsse von einem gewissen Zeitpunkt an eine private Sache sein, hatte die Managerin schon im April betont. Für die Schar der Reporter vor den Krankenhaustüren ist dies offenbar nur schwer zu akzeptieren.