Schwitzen in Singapur: Vettel auf Nachtmission
Singapur (dpa) - Vor dem möglicherweise vorzeitigen WM-Triumph muss Sebastian Vettel in Singapur noch mal richtig Schwitzen. Temperaturen knapp an die 30 Grad selbst am Abend, hohe Luftfeuchtigkeit, das gleißende Licht aus über 1500 Projektoren und dazu noch ein unbarmherziger Stadtkurs.
„Die Rennstrecke ist ein Killer, weil es dort so viele Bodenwellen gibt. Du hast keinen Platz für Fehler“, betont der dreimalige Formel-1-Weltmeister.
In den vergangenen beiden Jahren hat der Red-Bull-Pilot sämtliche Herausforderungen beim Nachtrennen vor spektakulärer Kulisse gemeistert und seine famosen Asien-Wochen mit einem Sieg eingeleitet. Gelingt ihm das wieder, steigen die Chancen, dass er schon zwei Grand Prix später in Japan seinen vierten WM-Titel in Serie einfahren kann. Und wer soll Vettel eigentlich aufhalten? Seine Verfolger haben entweder aufgegeben. Wie Lewis Hamilton: „Das war's“, meinte der Mercedes-Pilot nach Vettels Sieg in Monza.
Oder die Rivalen scheinen sich schon mehr mit dem Angriff auf den deutschen Dominator im kommenden Jahr zu beschäftigen. Wie Kimi Räikkönen und Ferrari: Die neue weltmeisterliche Scuderia-Allianz mit dem Finnen und mit dem wie Vettel zweimaligen Singapur-Sieger Fernando Alonso dürfte weit mehr von Interesse sein als die aktuelle Aufholjagd auf Vettel.
Worte helfen allerdings ohnehin nicht. 222 Punkte hat der sechsfache Saisonsieger Vettel bereits. Satte 53 Zähler hat Alonso, dessen Erfolg bei der Rennpremiere 2008 in Singapur von einem fingierten Unfall seines damaligen Renault-Teamkollegen Nelson Piquet Junior überschattet wurde, weniger. Noch-Lotus-Pilot Räikkönen, sein künftiger Teamkollege beim italienischen Traditionsrennstall, hat als WM-Vierter sogar 88 Punkte Rückstand. Davor liegt auf dem dritten Rang noch Hamilton (Rückstand 81). Er weiß aber auch, wie Singapur-Siege schmecken: 2009 gewann er im McLaren.
2011 und 2012 siegte aber Vettel. „Wenn Du dort gewinnst, ist das ein fantastischer Moment“, betont der 26-jährige Heppenheimer. Denn neben den Herausforderungen Klima und Kurs kommt auch noch ein weiterer Faktor hinzu: Das Leben im Europa-Rhythmus zu asiatischer Zeit. Vettel selbst reist so spät wie möglich an - am Donnerstag zu einem Sponsorentermin, anschließend gibt es die üblichen Medientermine. Gefrühstückt wird an den Tagen danach gegen 14.00 Uhr. „Es ist ein bisschen komisch, abends zu Mittag zu essen und frühmorgens ins Bett zu gehen“, räumt Vettel ein.
Das Rennen wird am Sonntag um 20.00 Uhr Ortszeit gestartet, die Qualifikation beginnt tags zuvor sogar erst um 21.00 Uhr. Räikkönen kann dem auch etwas Gutes abgewinnen: „Ich muss morgens nicht so früh raus.“
Für den Finnen war ansonsten die Bekanntgabe seiner Rückkehr zu Ferrari das Highlight der zurückliegenden Wochen - in den vergangenen beiden Rennen ging der „Iceman“ leer aus. Umso utopischer scheint, dass er noch im Lotus seinem Kumpel Vettel gefährlich werden kann. Wenn überhaupt, läuft alles auf eine Fortsetzung des Duells Vettel vs. Alonso hinaus.
Gewinnt Vettel sein drittes Rennen nacheinander, würde er aber nicht nur die Singapur-Bilanz des Spaniers überbieten, sondern auch in der ewigen Bestenliste mit 33 zu 32 Erfolgen am Ferrari-Piloten vorbeiziehen. Und Hilfestellung von seinem bisher so treuen Wasserträger hat Alonso in Singapur nicht mehr zu erwarten. Felipe Massa, der nach acht Jahren Ferrari verlassen muss, kündigte volle Attacke an - der 32 Jahre alte Brasilianer will sich in seinem 185. Grand Prix wie der Emmericher Sauber-Fahrer Nico Hülkenberg in seinem 51. Rennen unbedingt weiter für Lotus empfehlen - als Nachfolger von Räikkönen bei Ferrari.
Zudem will das Mercedes-Duo mit Hamilton und Nico Rosberg nach dem kleinen Durchhänger in Spa und Monza die Silberpfeile im Scheinwerferlicht wieder zum Glänzen bringen. „Der Marina Bay Circuit ist ein Straßenkurs, der meinem Fahrstil gut liegt“, sagt 2009-Sieger Hamilton. „Mein bestes Ergebnis in Singapur ist bislang ein zweiter Platz in der Saison 2008. Natürlich würde ich diese Platzierung sehr gerne verbessern“, betonte Rosberg. Sie alle wollen Vettel so richtig zum Schwitzen bringen.