„Stolzer“ Vettel auf dem Weg zum WM-Titel

Greater Noida (dpa) - Auf den Parkplatz für den Indien-Gewinner musste sich Sebastian Vettel im Red-Bull-Rennwagen vom Teamkollegen schieben lassen. Nach der ersten Freude über den famosen Start-Zielsieg beim Großen Preis von Indien hatte der 25-Jährige den Motor schlichtweg zu früh ausgestellt.

Beim Jubel auf dem Podest brauchte Vettel wie im gesamten Rennen aber keine Hilfe mehr. Nach der Demütigung der Konkurrenz machte er seinen ärgsten WM-Verfolger Fernando Alonso auch noch auf dem Podium nass. „Für die WM war das natürlich ein Riesenschritt“, sagte Vettel nach der Champagner-Dusche: „Ich bin sehr, sehr stolz und glücklich.“

Gründe dafür gab es reichlich: Vettel durfte zum ersten Mal in seiner Karriere vier Siege in Serie bejubeln, Vettel durchbrach als dritter Fahrer überhaupt erst die 1000-Punkte-Marke, Vettel wiederholte im Red Bull seinen Vorjahreserfolg vor den begeisterungsfähigen indischen Fans von der Pole aus - und vor allem baute Vettel den Vorsprung im WM-Klassement auf Alonso aus. 13 Punkte liegt der Weltmeister der beiden vergangenen Jahre vor dem in Greater Noida entfesselt fahrenden Champion von 2005 und 2006 - Alonso hatte sich von Startrang fünf vorgekämpft und auch noch Vettels Teamkollegen Mark Webber auf den dritten Platz verdrängt. „Es ist im Moment nicht einfach gegen Red Bull. Wir müssen ihnen gratulieren, sie waren fantastisch“, räumte Alonso fair ein.

Aufgeben will der Spanier, der seit dem 10. Juli nicht mehr gewonnen hat und insgesamt einen 44-Punkte-Vorsprung aus der Hand gab, aber nicht. Ganz im Gegenteil: Getreu seinem Samurai-Tattoo auf dem Rücken formulierte er gleich mal die Kampfansage: „Wir wollen in Brasilien jubeln und ich bin sicher, dass wir das machen.“ Am 25. November steigt in Sao Paulo das Finale.

Vettel kann es aber schon vorher schaffen, in einer Woche allerdings noch nicht. Zumal Abu Dhabi, wo Vettel 2010 seinen ersten Titel geholt hatte, vielleicht die Strecke sei, „wo wir am schwächsten sein werden“, meinte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Rechnerisch könnte Vettel seinen dritten Titel nacheinander auf der vorletzten Station in Austin schon perfekt machen. Dazu muss er nach dem Premieren-Rennen in Texas 25 Punkte mehr als Alonso haben. Vettel bleibt aber seiner Taktik treu und verschwendet mit solchen Gedankenspielen keine Kraft. Am Sonntag zählte nur eins: „Ich genieße jetzt einfach den Moment.“

Das konnte nur noch einer seiner vier Landsleute. Nico Hülkenberg schaffte es von Startrang zwölf im Wagen des einheimischen Force-India-Teams noch auf Platz acht. Für Rekordweltmeister Michael Schumacher und Mercedes war es hingegen ein weiteres Rennen, über das man besser nicht mehr spricht. Nach dem Start von Position 14 bremste ein Plattfuß in der ersten Runde den Silberpfeil von Schumacher. Er reihte sich als Letzter wieder ein, wurde überrundet und stellte den Wagen drei Runden vor Schluss in der Garage ab, um nicht noch einen Getriebeschaden zu riskieren. Nico Rosberg verpasste als Elfter die Punkte. Frust pur: „Es kann doch nicht sein, dass die uns hier wegpusten.“ 20. wurde Timo Glock im Marussia.

Auch er war nach nicht mal einem Drittel der 60 Runden auf dem 5,125 Kilometer langen Kurs von Vettel überrundet worden. Der Heppenheimer hatte seine 35. Pole in seinem 98. Rennen gegen Webber verteidigt - und gab die Führung in einem wenig spektakulären Grand Prix nicht mehr ab.

Für die packenden Überholmanöver war Alonso zuständig. Er sprach von einem seiner „besten Rennen“ in diesem Jahr“. Dass er den Schaden so gering wie möglich hielt, hatte er allerdings auch ein wenig den Problemen von Vettels Teamkollegen Webber zu verdanken. Im zweiten Red Bull funktionierte das Energierückgewinnungssystem KERS nicht, durch das pro Runde zusätzliche 82 PS für 6,8 Sekunden aktiviert werden. „Es war schwierig, sich da zu verteidigen“, sagte Webber.

An Vettel, dessen Abbey (Spitzname für seinen Wagen) das gesamte Wochenende keinerlei Zicken machte, kam Alonso aber nicht vorbei. Die gemeinsame Pressekonferenz nutzte der eloquente Hesse dann neben einer fremdenführerwürdigen Rede auf Indien noch zur Liebeserklärung an sein Team, nachdem er erneut auf die nie endenden Spekulationen um ihn und Ferrari angesprochen wurde. „Ich stehe 100 Prozent hinter dem Team und das Team 100 Prozent hinter mir“, sagte Vettel und sprach von „Bullshit“ in der Presse.

Selbst Stallrivale Webber hatte ja den Zusammenhalt bewiesen, nachdem sein deutscher Kollege den Motor seines Dienstwagens vor dem Podium und damit etwas zu früh ausgemacht hatte: „Dann hat mich Mark angeschoben“, sagte Vettel, ehe Webber kurz vor Schluss die Pressekonferenz nach einer Frage an Vettel und Alonso verließ. Für den früheren Flieger nach Dubai wurde es dennoch zu knapp. Also setzten Vettel und Webber auch in über zehn Kilometern den Red-Bull-Höhenflug Richtung Dubai gemeinsam fort.