Strahlemann zeigt Zähne: Ricciardo läuft Vettel Rang ab
Budapest (dpa) - Daniel Ricciardo ließ es in seiner Partynacht von Budapest krachen, den Kater hatte Sebastian Vettel. Nach dem zweiten Formel-1-Saisonsieg des Australiers haben sich die Gewichte bei Red Bull vor der Sommerpause noch mehr zugunsten des Neuzugangs verschoben.
Dem viermaligen Weltmeister Vettel droht in den verbleibenden acht Saisonrennen die Rolle der Nummer 2. „Er ist wirklich beeindruckend und hat die Erwartungen von jedem übertroffen - einschließlich seine eigenen“, lobte Teamchef Christian Horner Aufsteiger Ricciardo.
Der 25-Jährige ist in diesem Jahr der einzige Sieger, der nicht in einem Mercedes sitzt. „Irgendeiner muss es ja tun“, scherzte Ricciardo, der sein Rennfahrer-Glück bisweilen noch immer nicht fassen kann. Als Vettels Helfer hatten ihn viele zu Jahresbeginn gesehen, als Gute-Laune-Piloten, der sich ohne Zicken in die Lehrlingsrolle fügt. Doch der Strahlemann zeigt Zähne.
„Er ist nicht nur einer der nettesten Jungs im Fahrerlager, sondern ganz sicher auch einer der besten Fahrer“, erklärte Silberpfeil-Star Lewis Hamilton. Der Brite hatte Ricciardo im Ungarn-Krimi auf den Schlussrunden ebenso passieren lassen müssen wie Ferrari-Routinier Fernando Alonso. „Er führt das Weltmeister-Team an, das sagt alles. Er macht dieses Jahr einen fantastischen Job“, stellte Alonso fest.
Mit nun 131 Punkten geht Ricciardo als WM-Dritter in die Ferien. Spitzenreiter Nico Rosberg (202) und Hamilton (191) sind aber immer noch weit weg. „Ich werde auf das aufbauen, was ich in den ersten sechs Monaten geschafft habe und freue mich schon auf Spa“, sagte der Mann aus Perth, der ein Zögling des Red-Bull-Juniorprogramms ist.
Nach seiner Beförderung von Toro Rosso zum großen Schwesterteam hat Ricciardo eine steile Lernkurve hingelegt. „Sie haben nie Druck auf mich gemacht, mich so einrollen lassen, wie ich es mag - und das war die beste Lösung für uns alle“, erklärte der Wahl-Monegasse das simple Erfolgsrezept.
„Ich freue mich für ihn“, sagte Kollege Vettel zum Abschied aus Budapest eher schmallippig. 43 Punkte Rückstand hat der Titelverteidiger nach seiner holprigen Fahrt auf Platz sieben nun schon auf Ricciardo. Als Gesamtsechster sind die Chancen auf einen fünften WM-Triumph in diesem Jahr nur noch theoretischer Natur.
„Das ist charakterbildend für ihn. Er wird als stärkerer Fahrer daraus hervorgehen“, urteilte Teamchef Horner indes. „So etwas passiert in diesem Sport. Er wird zurückkommen“, versicherte der Brite. Der Champion aus Heppenheim sei keineswegs unglücklich bei seinem langjährigen Arbeitgeber. „Vielleicht ist er ein bisschen frustriert. Er arbeitet unglaublich hart, und er wird durch diese Phase durchkommen“, sagte Horner.
Tatsächlich ist der Saison-Endspurt traditionell Vettels stärkste Phase im Jahr. So richtig Vorfreude auf den erneuten Angriff nach der Sommerpause war bei Vettel allerdings nicht zu spüren. Müde und frustriert machte er sich auf den Weg zu einem Sponsorentermin am Montag in Belgien. Selten zuvor hatte der 27-Jährige den Urlaub so nötig wie in diesem Jahr.