Vettel will Juli-Fluch brechen - Schumacher im Aufwind

Silverstone (dpa) - In der Heimat des Motorsports will Sebastian Vettel endlich seinen Juli-Fluch brechen. Noch nie in seiner steilen Formel-1-Karriere hat der Doppel-Weltmeister ein Rennen im Juli gewinnen können, am Sonntag soll diese schwarze Serie im britischen Silverstone enden.

„Diese Saison ist so verrückt, das wird jetzt nicht aufhören. Aber unser Ziel ist der Sieg“, sagte der 25 Jahre alte Red-Bull-Pilot vor dem Grand-Prix-Klassiker in Mittelengland. Das ehrwürdige „Home of British Motor Racing“ bietet Vettel und seinen Rivalen den perfekten Schauplatz für die nächste Etappe einer irren WM, die im Zwei-Wochen-Takt großes Kino mit ungewissem Ausgang garantiert.

Zuletzt lieferte Michael Schumacher die beste Story, als er in Valencia nach 2093 Tagen erstmals wieder ein Formel-1-Podium enterte. Prompt erwartet so mancher den Rekordchampion schon in Silverstone ganz vorn. Der Mercedes-Star warnte indes: „Wir haben zu viele Rennen gesehen, die anders liefen als gedacht.“

Genau das bereitet auch Vettel Sorgen. Jüngst in Valencia schien der Heppenheimer zurück auf dem Weg zur Dominanz, bis ihm eine kaputte Lichtmaschine den sicheren zweiten Saisonsieg raubte. „Trübsal blasen bringt nichts. In diesem Jahr kann viel passieren“, nannte Vettel vor der Abreise nach Silverstone seine Mutmacher-Devise. „Wichtig ist, dass wir uns darüber im Klaren sind, dass noch viele Rennen vor uns liegen und wir gemeinsam als starkes Team auch bald wieder ganz oben stehen werden.“

Dazu aber müssen Vettel und Red Bull ihre Chancen künftig so konsequent nutzen wie WM-Spitzenreiter Fernando Alonso, in der Vorsaison Sieger in Silverstone. Als einziger gewann der Spanier in diesem Jahr bereits zwei Rennen und punktete auch sonst immer, obwohl er nie im besten Auto saß. Mit brillanter Steuerkunst und einer gehörigen Portion Glück sammelte der Ferrari-Fahrer 111 Zähler und führt damit die Gesamtwertung vor Mark Webber (91), Lewis Hamilton (88) und Vettel (85) an. „Es gibt nichts, worauf wir schon stolz sein können“, mahnte Alonso dennoch.

Die Überlegenheit von Vettel in Valencia hat die Konkurrenz durchaus erschreckt. Das neue Technikpaket von Design-Guru Adrian Newey machte den RB8 auf Anhieb viel schneller. „Wir wollen dieses Momentum mitnehmen“, sagte Vettel. Schon fürchtet Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo eine Trendwende. „Ich bin beunruhigt und das sollten wir alle sein“, rief er seinem Team zu. „Um auch in Zukunft zu gewinnen, müssen wir mehr tun.“

Damit spricht der Graf auch dem McLaren-Duo Hamilton und Jenson Button aus dem Herzen, beide setzen sich vor ihrem Heimspiel besonders unter Druck. „Siege in Silverstone sind für mich so schön wie Siege in Monaco“, erklärte Hamilton. Einen Heimvorteil können allerdings auch sieben andere der insgesamt zwölf Teams für sich reklamieren.

Die meisten Formel-1-Rennfabriken sind nur wenige Kilometer von Silverstone entfernt angesiedelt, darunter auch die beiden Mercedes-Schmieden. „Ist doch klar, dass wir alle Mitarbeiter in Brackley und Brixworth an diesem Wochenende stolz machen wollen“, sagte Schumacher. Die Hundertschaften von Teampersonal nebst Familien und Zehntausende eingeschworener PS-Fans am Rand der 5,891 Kilometer langen Strecken sorgen stets für eine besondere Atmosphäre.

Wäre da nur nicht das berüchtigte Insel-Wetter. „Ich wäre überrascht, wenn wir 30 Grad und Sonnenschein hätten“, scherzte Vettel. „Aber vielleicht behandelt uns der englische Sommer diesmal besser.“