Wehrlein: „Der Traum ist noch lange nicht erfüllt“
Tuttlingen (dpa) - Pascal Wehrlein ist seinem Traum ganz nah. Der jüngste Sieger der DTM-Geschichte ist seit der vergangenen Saison für Mercedes Ersatzfahrer in der Formel 1.
Vor dem Auftakt des Deutschen Tourenwagen Masters an diesem Wochenende in Hockenheim spricht der 20-Jährige im Interview der Deutschen Presse-Agentur über den Spagat, in beiden Serien zu fahren. Zu einem Stammcockpit im Silberpfeil sagt Wehrlein: „Das würde ich mir auf jeden Fall zutrauen.“
Sie sind 20 Jahre alt, gehen in ihr drittes DTM-Jahr und haben einen Sieg vorzuweisen. Dennoch ist die Frage oft nicht ob, sondern wann Sie es in die Formel 1 schaffen. Für Sie nachvollziehbar?
Pascal Wehrlein: Definitiv. Mein Ziel ist, irgendwann in der Formel 1 zu fahren. Aber erst mal muss ich in der DTM gute Leistungen bringen. Ohne Leistung in der DTM schließt sich die andere Tür von selber. Aber ich bin in einer guten Situation, da ich Ersatzfahrer bin und schon einige Tests im Formel-1-Auto hatte.
Wie schaffen Sie den Spagat zwischen DTM und Formel 1?
Wehrlein: Ganz klar: Die DTM hat für mich dieses Jahr Priorität, dort muss ich die Leistung bringen und wenn möglich Rennsiege einfahren. In der Formel 1 geht es mehr um das Testprogramm und darum, gutes Feedback zu geben. Man muss zwischen DTM und Formel 1 komplett unterscheiden. Die Autos fühlen sich so anders an, dass man sich die ersten zehn Runden erst wieder umgewöhnen muss.
Die Formel 1 ist Ihr Traum. Was bedeutet es Ihnen daher, Testfahrer zu sein? Wie nah ist das dran am Traum?
Wehrlein: Es ist noch ein weiter, ein langer Weg. Ich habe mir ein Stück meines Traumes erfüllt, dadurch, dass ich Formel 1 gefahren bin und fahre. Gerade weil ich für Mercedes fahre. Aber der Traum ist noch lange nicht erfüllt.
Lewis Hamilton hat seinen Vertrag noch nicht verlängert und es gab einige Zeit Spekulationen, er könne zu Ferrari wechseln. Dann wäre ein Mercedes-Cockpit frei. Würden Sie sich das zutrauen?
Wehrlein: Ja, das würde ich mir auf jeden Fall zutrauen. Aber die Frage stellt sich für mich derzeit nicht. Meine Priorität ist die DTM und dort muss ich meine Leistung bringen.
Einer breiten Öffentlichkeit sagt der Name Wehrlein etwas seit dem Unfall im Trainingslager der Fußball-Nationalmannschaft vor der WM. Sie waren auf einer abgesperrten Strecke unterwegs und haben einen Urlauber mit dem Auto erfasst. Wie schwer ist das für einen jungen Menschen, auf diese Weise bekanntzuwerden?
Wehrlein: Das war eine sehr schwierige Situation für mich. Der Tag selber war schrecklich. Die ersten Rennen danach waren schwierig. Ich habe auch lange gebraucht, bis ich einigermaßen darüber hinweg gekommen bin. Es hat mir geholfen, Kontakt zu der Familie zu haben.
Seit dem Einstieg in die DTM vor zwei Jahren haben Sie sich enorm entwickelt, sind viel selbstbewusster geworden.
Wehrlein: Es hat sich viel getan. Klar, ich bin älter geworden. Jetzt bin ich 20... 18 ist jung, alles kam sehr kurzfristig und ich war nicht vorbereitet. Deswegen war die erste Saison sehr schwer. Es gab auch die ein oder andere Entscheidung, wo ich zurückstecken musste. Letztes Jahr konnte ich meine Leistung zeigen und aufblühen. Das fiel mit dem einen Jahr Erfahrung viel leichter.
Mercedes hatte letzte Saison einen großen Rückstand und durfte nachbessern. Was hat das Update denn gebracht?
Wehrlein: Am Anfang gar nicht viel. Weil sich die Balance im Auto komplett geändert hat. Das musste man wieder ins Gleichgewicht bringen. Über den Winter haben wir jetzt einen guten Schritt nach vorne gemacht. Beim letzten Test war ich Schnellster. Ich bin deswegen recht zuversichtlich, dass wir konkurrenzfähig sein können. Ich weiß nicht, ob wir um die Meisterschaft oder Siege fahren. Aber wir sind konkurrenzfähig.
Da gehen die Meinungen auseinander. Teamchef Ulrich Fritz sagte, mit der Vorgeschichte könne Mercedes noch nicht wieder vom Titel sprechen. Die Konkurrenz sagt, wenn Mercedes jetzt nicht das beste Auto hat, dann haben sie ihren Job nicht drauf.
Wehrlein: Dass Mercedes den Job versteht, das hat die Vergangenheit oft genug gezeigt. Klar hatten wir Zeit zum Entwickeln, aber das durften wir nur in bestimmten Bereichen. Wir hatten teilweise mehr als eine Sekunde Rückstand. Das in der DTM aufzuholen ist sehr schwer. Die Konkurrenz sagt so etwas also wohl eher, um selbst besser auszusehen, weil sie genau wissen, wie schwer es ist, einen solchen Rückstand aufzuholen.
Mit welchem Ziel sollte Mercedes daher in die Saison gehen?
Wehrlein: Erstes Ziel sollte sein, überall konkurrenzfähig zu sein. Egal ob nass oder trocken oder ob die Strecke uns liegt. Dann kann man von Siegen und vom Meistertitel reden. Da sind noch viele Sachen ungewiss.
Wie sieht das bei Ihnen aus?
Wehrlein: Ich will immer gewinnen.
Rennen oder die Meisterschaft?
Wehrlein: Alles. Ich bin so ehrgeizig und zielstrebig, dass ich in jede Meisterschaft gehe und sage, ich will das Beste aus mir herausholen und so nah wie möglich am Optimum sein. Das Rennen gewinnen und am Ende vom Jahr auch die Meisterschaft.