München 2018: Jodeln für den Olympiasieg
Durban (dpa) - Ein rüstiger Rentner soll's richten: Willi Rehm soll München bei der Abschluss-Präsentation vor der Vergabe der Winterspiele 2018 zum zweiten Olympiasieg nach 1972 jodeln - aber der südkoreanische Favorit Pyeongchang ist überzeugt: „Aller guten Dinge sind drei.“
Mit einem „Bussi Bussi“ stimmten sich Katarina Witt und Bundespräsident Christian Wulff auf das große Finale in Durban ein. Die Münchner Olympia-Macher mobilisierten am Tag vor der Vergabe der Winterspiele 2018 noch einmal alle Kräfte, Glücksbringer Franz Beckenbauer hielt im 14. Stock eines Strandhotels ein leidenschaftliches Plädoyer für die Isar-Metropole: „Die Bewerbung ist sehr stark. Ich hoffe, ich kann bei den Mitgliedern, die ich schon lange kenne, noch ein bisschen Promotion machen“, sagte der „Kaiser“ gut gelaunt.
Die Generalprobe für den Abschlussauftritt war gelungen, aber nichts konnte die flatternden Nerven der Münchner beruhigen. Wahlkampf und Last-Minute-Lobbyismus ließen wenig Zeit für bayerische Gemütlichkeit. „Ganz Deutschland fiebert der Entscheidung entgegen“, erklärte Wulff nach seiner Ankunft in Südafrika. Das deutsche Staatsoberhaupt hofft im Dreikampf mit dem südkoreanischen Favoriten Pyeongchang und dem französischen Außenseiter Annecy an diesem Mittwoch auf „ein Riesengeschenk“.
Hypernervös hetzte Münchens Vorzeigefrau Witt durch die Eingangshalle des feudalen IOC-Hotels, das am Vortag des finalen Votums zum Laufsteg prominenter Wahlhelfer wurde. Jedes Gespräch könnte entscheidend sein. Nur 96 der 110 IOC-Mitglieder werden abstimmen und über das Schicksal der drei Kandidaten entscheiden. München ist nach einer gelungenen Kampagne bereit für das Winterspektakel (9. bis 25. Februar 2018) - und will zum zweiten Mal nach 1972 Olympiasieger werden.
„Ich erwarte eine schwere, aber wichtige Wahl“, prophezeite IOC-Präsident Jacques Rogge, der am Mittwochnachmittag gegen 17.25 Uhr im Kongresszentrum von Durban die Siegerstadt verkünden wird. Nach Rogges Eröffnung der 123. IOC-Vollversammlung am Dienstagabend waren Witt und Beckenbauer mit FIFA-Boss Joseph Blatter, FIFA-Vize Issa Hayatou und weiteren IOC-Mitgliedern zum Abendessen verabredet.
Beckenbauer wollte bei seinem intensiven 24-Stunden-Einsatz für München nichts unversucht lassen. „Für das Image sind Olympische Spiele das beste. Gut, sie kosten viel Geld. Aber wenn du die Chance erhältst, Olympia oder eine Fußball-WM zu bekommen, musst du sie nutzen“, sagte das deutsche Glücksmaskottchen. Wie Maria Höfl-Riesch wird der 65-Jährige die Entscheidung am Flughafen miterleben, weil beide aus terminlichen Gründen noch am Mittwoch zurückfliegen müssen.
„Ich hoffe, die Entscheidung ist noch nicht gefallen“, meinte Beckenbauer und gab seinen Mitstreitern gleich noch einen Rat: „Seid nett, seid freundlich und setzt die IOC-Mitglieder nicht zu sehr unter Druck.“ Auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP) drücke die Daumen, teilte das Auswärtige Amt über den Kurznachrichtendienst Twitter mit. München wäre „ein idealer und herzlicher Gastgeber“.
„Wir wissen, dass wir gewinnen können, und hoffen, dass am Ende der richtige Name auf dem Zettel steht“, sagte der deutsche Ober-Olympier Thomas Bach. Am 8. Dezember 2007 hatte der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) München ins Rennen geschickt. In den letzten Stunden des 44-monatigen Bewerbungsmarathons waren vor allem die Frontmänner gefragt - und eben „La Witt“, die für die 45-Minuten- Kür am Mittwochmorgen einen „letzten Trumpf“ versprochen hatte.
Mit einer Mischung aus Tradition und Moderne wollen die Münchner ein emotionales Feuerwerk zünden und nach vier vorangegangenen deutschen Bewerbungsniederlagen um Sommer- oder Winterspiele gegen die eher nüchternen Südkoreaner ein letztes Mal punkten. Dabei soll der rüstige Rentner Willi Rehm München 2018 auf den Olymp jodeln.„Ich habe schon ein gutes Gefühl. Ich glaube, wir haben ganz gute Karten“, meinte die alpine Doppel-Olympiasiegerin Höfl-Riesch.
Komplimente und Lob haben Witt, Bach und Co. für das überzeugende Bewerbungskonzept schon genug bekommen. Jetzt zählt nur noch der Sieg. „Es wäre schön, wenn jeder Glückwunsch eine Stimme wäre“, hatte Witt immer wieder zugegeben und den selbstbewussten Konkurrenten aus Südkorea herausgefordert: „Pyeongchang hat sich durch zwei Bewerbungen in das Bewusstsein eingeprägt, aber zweimal Silbermedaille heißt nicht, dass man beim dritten Mal automatisch Gold gewinnt. Wir haben viel zu bieten.“
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) betonte beim letzten Münchner Medientermin noch einmal die Chancen eines Wintermärchens in Deutschland. Er erinnerte an den „Schub“ der Sommerspiele 1972 in München, die „ein Meilenstein“ waren und warb: „Bayern ist ein Herzland des Wintersports.“
Pyeongchang ließ sich bisher nicht provozieren. Eine dritte Niederlage ist keine Option. Eiskunstlauf-Olympiasiegerin Kim Yu-Na gab am Dienstag südafrikanischen Nachwuchstalenten eine Trainerstunde, Südkoreas Präsident Lee Myung Bak warb in Einzelgesprächen bei vermeintlich unentschlossenen IOC-Mitgliedern um Sympathie. Die bitteren Niederlagen sind unvergessen, die Milliarden-Investitionen und der lange Atem werden beinahe gebetsmühlenhaft betont. Sportminister Choung Byoung-Gug tönte: „Wir glauben an den Spruch, aller guten Dinge sind drei.“