Olympiasiegerin Heidemann: Schock über WM-Aus
Catania (dpa) - Olympiasiegerin Britta Heidemann ist in Catania auf WM-Rang 126 und den Tiefpunkt ihrer glorreichen Fecht-Karriere gestürzt. Die Degen-Weltmeisterin von 2007, die in ihrer Laufbahn alles gewonnen hat, konnte das Vorrunden-Aus kaum fassen und ließ ihr Umfeld rat- und hilflos zurück.
Blass, aber äußerlich gefasst, kommentierte die 28-Jährige ihr Debakel nach der schlimmen Bilanz von nur einem Sieg, aber vier Pleiten: „Ich bin natürlich selbst geschockt. Das ist mir, seitdem ich fechte, noch nie passiert.“
Benjamin Kleibrink, Peking-Gewinner mit dem Florett, machte es besser: Ein halbes Jahr nach seinem Motorradunfall feierte der für Tauberbischofsheim fechtende Kölner ein vielversprechendes Comeback. Mit fünf Siegen und nur einer Niederlage zog er direkt in den Medaillenkampf am Donnerstag ein. Titelverteidiger Peter Joppich war für die Top 64 gesetzt.
Bei Britta Heidemann nahm das Dilemma in einer Nebenhalle am Morgen um neun seinen Lauf. Die ersten drei Gefechte im Fünfer-Pool gingen verloren. Heidemann, sonst immer für die besten 64 gesetzt, bekam das Zittern: „Ich kann mir es nicht genau erklären, ich habe nicht richtig reingefunden.“ Ihr Mentor Manfred Kaspar, der sie in Peking zu Gold führte, versuchte sich vergebens mit Trost: „Sie hat so viel gewonnen und uns so viel Freude bereitet - da darf man auch mal daneben sein.“
Der deutsche Fecht-Sportdirektor Kaspar wirkte gelassen und hielt eines fest: „Weder sie kann sich verdammen, noch kann ich sie verdammen.“ Dazu gab es auch keinen Grund, obwohl der Schock in der Delegation um sich griff. Gordon Rapp, Präsident des Deutschen Fechter-Bundes (DFeB), konnte es kaum fassen: „Das sitzt natürlich tief, da steckt schon ein gewisser Frust dahinter. Das sind nicht die schönsten Momente.“ Kaspar setzt auf die richtige Reaktion: „Es ist ihre Stärke, in Krisensituationen zurückzukommen.“
Die London-Qualifikation über die Einzelwertung ist für Britta Heidemann indes fast nicht mehr möglich - doch sie will fighten. Am Sonntag will sie im Quartett mit Imke Duplitzer, Ricarda Multerer und Monika Sozanska den Fauxpas schnell wieder gut und sich selbst frischen Mut machen: „Bei mir ist es häufig so - gegen die Starken bin ich ein Stück weit auf eine natürlichere Weise noch motivierter.“ Und im Team gibt es bei einer WM keine schwachen Konkurrenten wie im Einzel-Pool. Dort war sie „an bestenfalls ordentlichen Fechterinnen“, so Kaspar, kläglich, wenngleich nach Treffern knapp, gescheitert.
Buchautorin Heidemann („Erfolg ist eine Frage der Haltung“) fühlte sich eigentlich bestens, als sie auf Bahn Nummer 5 die Gefechte aufnahm: „Es gab keinen richtigen Ansatz dafür, dass es mir nicht gut gehen würde aus irgendwelchen Gründen.“ Irgendwie habe es „einfach nicht gereicht“, irgendwie war ihr ganzer Tag ein einziges Dilemma.
Sie möchte noch in Catania die „alte“ Britta Heidemann werden, die mit unglaublicher Nervenstärke schon die heikelsten Lagen auf der Planche überstanden hat. „Es ist ihre Stärke, in Krisensituationen zurückzukommen“, sagte Kaspar. Die Athletin selbst stellte sich den drängenden Fragen, wusste aber kaum eine schlüssige Antwort. „Es hat heute irgendwie nicht gereicht“ - das war's, das war Britta Heidemanns schwarzer Montag von Catania.
Die ehemalige Europameisterin Imke Duplitzer, Präsidentin des OFC Bonn, und die Heidenheimerin Ricarda Multerer folgten der automatisch qualifizierten Monika Sozanska (ebenfalls Heidenheim) in die Runde der Top 64. Stefanie Kubissa, Anna Limbach (beide Dormagen) und Alexandra Bujdoso aus Koblenz gelang dies mit dem Säbel, dem Bonner Duo André Weßels/Sebastian Bachmann mit dem Florett.