Paulines Salto: Turn-Weltneuheit am „Zittergerät“
Sofia (dpa) - Vor vier Monaten war an ihren EM-Start noch nicht zu denken, doch nun sorgt Pauline Schäfer in Sofia bei der Turn-Europameisterschaft für Gesprächsstoff. Nur drei Jahre nach Elisabeth Seitz kreierte die kleine Saarländerin, die am Stützpunkt Chemnitz trainiert, ihr eigenes Element.
„Wenn ich das Element auch bei der WM im Oktober schaffe, wird es nach mir benannt“, hofft die 17-Jährige. Das Besondere an ihrem Seitwärtssalto mit halber Drehung ist, dass sie ihre Kreation am Schwebebalken darbietet. Ausgerechnet jenem Gerät also, an dem die deutschen Turnerinnen in den vergangenen Jahren immer wieder scheiterten und viele Punkte durch unfreiwillige Abstürze einbüßten. Doch Cheftrainerin Ulla Koch hatte schon im EM-Vorfeld angekündigt, dass ihre „Balken-Offensive“ im Training erste Früchte trägt.
Pauline Schäfer hofft jetzt, dass sie ihr Element bis zu den Welttitelkämpfen im chinesischen Nanning stabilisieren kann und nicht andere Turnerinnen in den kommenden Monaten bis zur WM „ihren“ Salto kopieren. Aufgenommen in den Code d'Pointage - das Regelwerk des Weltturnverbandes FIG - werden Elemente nur, wenn sie bei Welttitelkämpfen oder Olympischen Spielen präzise geturnt werden.
Pauline Schäfer, die aus Bierbach stammt und für den TV Pflugscheid-Hixberg startet, hatte im Vorjahr bei der WM in Antwerpen an Sprung und Boden ihren Einstand in der deutschen Turn-Riege gegeben. Doch danach war sie aufgrund einer Rückenverletzung Ende des Jahres in ein tiefes Loch gefallen. Im Dezember 2013 ging wegen akuter Schmerzen im Training gar nichts mehr. „Damals war ich skeptisch, ob es überhaupt für die EM reicht“, meint Schäfer. „Aber es war nichts mit der Bandscheibe und auch nichts gebrochen“, erzählt sie im Rückblick erleichtert. Zuerst stellte sich Besserung nur langsam ein, doch im Frühjahr stabilisierte sich ihre Form.
Glücklich ist Schäfer, dass auch ihre nur drei Tage jüngere Freundin und Trainingsgefährtin Sophie Scheder - beide wurden im Januar 17 Jahre alt - bei der EM in Sofia dabei ist. Dort teilt sie mit der WM-Fünften aus Chemnitz ein Zimmer, beide geben sich gegenseitig moralischen Rückhalt.
Schäfer geht seit zwei Jahren in Chemnitz zur Schule und trainiert bei Gabi Frehse. Mit „ihrem“ Element tritt sie in die Fußstapfen von Vorturnerin Elisabeth Seitz, die bei der WM 2011 in Tokio ihren „Seitz“ am Stufenbarren erstmals präsentierte. Der Schaposchnikowa zwischen unterem und oberem Holmen mit ganzer Drehung steht nun im Code d'Pointage. Da er aber von der FIG nur als sogenanntes E-Element eingestuft wurde und damit nicht mehr Punkte bringt als mit halber Drehung, verzichtete selbst die „Erfinderin“ zuletzt auf den Einbau des „Seitz“ in ihre Übung. In Sofia fehlt Seitz wegen einer Entzündung in der Schulter.