Ex-Trainer: Holczer zweifelte an Schumacher
Stuttgart (dpa) - Im Betrugsprozess gegen Radprofi Stefan Schumacher hält sein Verteidiger nach der Zeugenaussage des früheren Gerolsteiner-Trainers Hartmut Täumler seinen Mandanten für entlastet.
Täumler hatte angegeben, dass der ehemalige Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer in Sachen Doping Zweifel an Schumacher gehabt habe. „Er hatte Bauchweh, besonders wegen Stefan Schumacher“, sagte der einstige Nachwuchstrainer des aufgelösten Teams Gerolsteiner vor dem Landgericht Stuttgart. Nachdem Schumacher 2008 positiv auf Cera getestet worden sei, hatte sich Holczer laut Täumler „bestätigt gefühlt“.
„Wenn sich jemand bestätigt fühlt, hat er sich nicht geirrt. Damit ist der Betrug weg“, sagte Anwalt Dieter Rössner nach dem neunten Verhandlungstag. Die Staatsanwaltschaft wirft Schumacher vor, das Team Gerolsteiner um drei Monatsgehälter in Höhe von 151463,50 Euro betrogen zu haben.
Trotz Nachfrage habe er 2008 Doping bei der Tour de France geleugnet. Der später gesperrte und auch geständige Doper Schumacher behauptet, dass Holczer die Praktiken im Team bekanntgewesen seien, deshalb könne von Betrug keine Rede sein. Holczer bestreitet, von den Dopingvergehen gewusst zu haben.
Ex-Trainer Täumler erklärte, dass Holczer sich ihm gegenüber öfters skeptisch zu Schumacher geäußert habe. „Ist er ehrlich? Bescheißt er mich nicht?“, habe der Teamchef gefragt. Weil er selbst an die Redlichkeit seines früheren Schützlings geglaubt habe, will Täumler Holczer beruhigt haben.
Dass der von ihm als Junior trainierte und später trainingsmethodisch unterstützte Schumacher dann als Sportbetrüger aufflog, sei „mit die größte Enttäuschung meines Trainerlebens“ gewesen, sagte der 62-Jährige. Wie Holczer habe er daran geglaubt, dass Spitzensport auch ohne Doping möglich sei.
Der Erfurter Mediziner Mark Schmidt war indes auch seiner zweiten Vorladung als Zeuge nicht gefolgt. Der ehemalige Mannschaftsarzt bei Gerolsteiner ließ das Gericht per Fax wissen, dass er sich vom 26. Juni bis 3. Juli an der Ostsee in Urlaub befinde.
Wie der Vorsitzende Richter Martin Friedrich von der 16. Strafkammer erklärte, gab Schmidt an, dass er am 18. Juni einen Hotelaufenthalt gebucht habe. Der Arzt war bereits seiner ersten Einladung am 24. Juni nicht gefolgt. Dafür wurde ihm ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 Euro auferlegt. Schmidt soll zusammen mit den anderen Gerolsteiner-Ärzten die Fahrer mit Dopingmitteln versorgt haben.
Aus seinem Urlaub meldete sich auch Ernst Jakob, der zusammen mit seinem Ex-Kollegen Achim Spechter für diesen Donnerstag als Zeuge geladene leitende Teamarzt des inzwischen aufgelösten Rennstalls. Er könne den Termin nicht wahrnehmen, teilte Jakob mit. Er stünde aber am 6. August für ein persönliches Erscheinen zur Verfügung.
Mit erhellenden Beiträgen von dem bekannten Sportmediziner und mehrmaligen Olympia-Arzt ist aber auch am vorletzten Verhandlungstag nicht zu rechnen. Richter Friedrich erklärte, dass Jakob sein Zeugnisverweigerungsrecht in Anspruch nehmen wolle.
Der Paragraf 55 der Strafprozessordnung besagt, dass ein Zeuge nicht Stellung beziehen muss, wenn er sich durch seine Aussagen selbst belasten könnte. Jakob, Chefarzt der Sportklinik Hellersen, war früher Mitarbeiter der ins Dopingsystem verstrickten Freiburger Sportmedizin. Er war auch Betreuer von Jan Ullrich beim Team Bianchi.
Doping-Experte Werner Franke hatte Ende April Anzeige gegen die Gerolsteiner-Ärzte wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz, Körperverletzung und Rezeptbetrugs erstattet. Die Freiburger Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen aufgenommen.