Giro bleibt Nummer zwei - Kittel will Sprint-Trikot

Belfast (dpa) - Der Giro d'Italia kämpft ab Freitag wieder um die wahre Wertschätzung. Doch die Rolle der Nummer zwei hinter der allmächtigen Tour de France kann die Rad-Rundfahrt nicht abstreifen, trotz vergleichbarer Organisation, weltweiter TV-Verbreitung und attraktiver Streckenführung.

Giro bleibt Nummer zwei - Kittel will Sprint-Trikot
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Die Starterliste der 97. Auflage, die am Freitag in Belfast/Nordirland mit einem Teamzeitfahren beginnt und am 1. Juni nach 3445,4 Kilometern in Triest endet, spricht Bände. Mit Ausnahme von Sprinter Marcel Kittel fehlt ein Großteil der ersten Garde.

Als erste Anwärter auf das Rosa Trikot werden der Tour-Zweite und -Dritte, Nairo Quintana (Kolumbien) und Joaquim Rodriguez (Spanien), gehandelt. Kittel könnte - auch wegen fehlender adäquater Konkurrenz - das Zepter des Sprinter-Königs schwingen. Der Arnstädter sieht auf den Flachetappen bis zum Finale in den Dolomiten in der letzten Giro-Woche „eine Menge Möglichkeiten“ für Tagessiege. Schon Etappe zwei über 219 Kilometer rund um Belfast am Samstag dürfte ihm entgegen kommen. Neben Kittel stehen sechs weitere deutsche Radprofis am Start.

Die Liste der Abwesenden beim Giro, dessen Führungsspitze im Vorjahr wegen Korruptionsverdachts ausgewechselt worden war, ist prominent besetzt. Die Toursieger Chris Froome, Bradley Wiggins und Alberto Contador (Girogewinner 2008) sowie Vorjahressieger Vincenzo Nibali fehlen. Sie schonen sich für den Saisonhöhepunkt in Frankreich oder geben der Kalifornien-Rundfahrt den Vorzug. In den USA starten von Sonntag an auch Ex-Weltmeister Mark Cavendish (16 Etappensiege beim Giro), Peter Sagan und John Degenkolb.

Quintana aus der spanischen Movistar-Mannschaft will für den zweiten großen Rundfahrt-Erfolg eines Kolumbianers sorgen - nach Luis Herrera bei der Vuelta 1987. Der 34 Jahre alte Rodriguez vom in diesem Frühjahr so erfolgreichen russischen Katusha-Team stand 2012 kurz vor seinem ersten Rundfahrt-Sieg. Am letzten Giro-Tag hatte ihm der Kanadier Ryder Hesjedal den Erfolg im abschließenden Zeitfahren mit nur 16 Sekunden Vorsprung noch weggeschnappt. Die Gastgeber setzen ihre Hoffnungen auf Domenico Pozzovivo.

Die Entscheidung dürfte in der dritten Woche in den Alpen fallen. Von der 16. Etappe an, die über den Gavia-Pass und das Stilfser-Joch (2758 m) führt, sind besondere Kletterkünste gefragt. Der Schlussanstieg der 18. Etappe endet auf 1760 Meter Höhe. Zwei Tage später kommt es zur Bergankunft auf dem gefürchteten Monte Zoncolan. Dazwischen steht ein Bergzeitfahren über 26,8 Kilometer in Bassano del Grappa auf dem Programm.

Das sind Prüfungen, an die Kittel überhaupt nicht gern denkt. Um seine Erholungszeit bis zur Tour („Mein Saison-Highlight“) zu verlängern, könnte der Flachland-Spezialist aus Thüringen vorzeitig aussteigen. Obwohl ihm von Konkurrenten und Experten eine große Zahl von Etappensiegen zugetraut wird, ist das Sprinttrikot für den Tour-Debütanten keine Option. „Nicht relevant“, gab der große Blonde zu - und deutet damit auch an, dass er wohl nicht bis Triest kommen wird.