Golden Girls Welte/Vogel längst im Alltag angekommen
Minsk (dpa) - Frostig fiel das Wiedersehen der Golden Girls von London aus. Aber die Freundschaft der Olympia-WG hat keine Risse bekommen, vielmehr führte die erste gemeinsame Trainingsfahrt von Miriam Welte und Kristina Vogel nach gut einem halben Jahr bei minus sieben Grad ins verschneite Minsk.
Die Teamsprint-Olympiasiegerinnen drehen wieder gemeinsam ihre Runden. Von Mittwoch an geht das Duo bei den Bahnrad-Weltmeisterschaften in der weißrussischen Hauptstadt auf das Holzoval, nachdem beide im Anschluss an die für sie so außergewöhnlichen Sommerspiele eine Auszeit genommen und die Schulbank gedrückt hatten. Die Abschlussprüfungen standen auf dem Plan. Mit Erfolg: Vogel darf sich seit vergangenen Freitag Polizeimeisterin nennen, Welte hatte ihren Abschluss bei der Landespolizei im Januar gemeistert.
Die Auszeit hat nun ein Ende, von einer erneuten Goldfahrt wie in London oder bei der vergangenen WM in Melbourne wagen beide aber nicht zu träumen. „Wir haben lange nicht die Form von Olympia. Wenn wir es schaffen, im Teamsprint unter die besten Fünf zu kommen, wäre das ein super Ergebnis“, sagt Welte im Interview der Nachrichtenagentur dpa. Das Zusammenspiel, das im Olympiapark so perfekt funktionierte, muss erst wieder eingeübt werden. Zumal der Weltverband das Reglement beim Wechsel verändert hat, da es in der Vergangenheit zu vielen Disqualifikationen gekommen war.
Disqualifikationen, die Welte und Vogel zu eine der glücklichsten Goldmedaillen der Olympia-Geschichte verholfen hatte. In London waren sie erst nachträglich ins Finale gerutscht, nachdem die Britinnen wegen eines Wechselfehlers aus der Wertung genommen worden waren. Und im Finale unterlief den Chinesinnen, die klar gegen das deutsche Duo gewonnen hatten, das gleiche Malheur.
Urplötzlich standen Vogel („Wir sind in einen Glückstopf gefallen“) und Welte ganz oben auf dem Podium und hatten für den ersten deutschen Olympiasieg im Frauen-Radsport gesorgt. Für ein paar Tage standen die beiden Sprinterinnen auf der ganz großen Bühne im grellen Scheinwerferlicht.
Längst ist aber wieder der Alltag eingekehrt, auch wenn Welte betont, dass sie noch sehr oft an London zurückdenke. Geändert habe sich nicht viel. „Ich bin immer noch die gleiche, außer dass ich jetzt meinen Abschluss bei der Polizei in der Tasche habe.“
Finanziell hat sich der Coup von London nicht bezahlt gemacht. Von lukrativen Sponsoren konnte keine Rede sein. „Gemeldet hat sich gar niemand“, sagt Welte. Von großen Werbeverträgen, wie sie etwa „Queen“ Victoria Pendleton in Großbritannien seit Jahren abschließt, kann die Pfälzerin nur träumen. Bahnradsport sei nun einmal eine Randsportart und erschwerend kommen die nicht enden wollenden Dopingskandale bei den Straßenprofis hinzu. Das mache auch den Bahnrad-Assen das Leben schwer. „Wir werden alle über einen Kamm geschert. Dann heißt es: Radsport, das sind ja die, die dopen. Dabei sind wir auf der Bahn ein anderes Volk, haben mit der Straße eigentlich gar nichts zu tun“, ergänzt Welte.
Die üblichen 15 000 Euro gab es von der Sporthilfe für den Olympiasieg, dazu ein Zuschuss vom Landessportbund - das war's. Wie schnell sich die Zeiten ändern, bekam auch Vogel vor Augen geführt. Der Hauptsponsor ihres Erfurter Sprintteams sprang ab, nun startet sie für die Chemnitzer Mannschaft. In den nächsten Tagen ist sie aber im Nationaltrikot unterwegs - in Deutschland allerdings fast ohne Medienpräsenz. TV-Übertragungen von der WM gibt es nicht. Der Alltag ist halt wieder eingekehrt.