Greipel nach schwerem Sprintsieg überglücklich
Saint-Quentin (dpa) - André Greipel kam im Freudentaumel aus dem Jubeln und Händeschütteln nach seinem zweiten Tour-Coup gar nicht mehr heraus. In den Massensprints der 99. Tour de France ist der Rostocker jetzt das Maß der Dinge.
Einen Tag nach seinem Sieg in Rouen legte der 29-Jährige in Saint-Quentin nach und feierte in eindrucksvoller Manier den zweiten Erfolg in Serie. Im Ziel lagen sich die Lotto-Belisol-Fahrer in den Armen. „Heute war es ein ziemlich harter Sprint. Ich glaube, es war einer der härtesten Sprints, den ich gefahren bin“, sagte Greipel, der seinen insgesamt 15. Saisonsieg perfekt gemacht hatte.
Der WM-Dritte, der sich auch für die Olympischen Spiele in London als Kapitän der deutschen Straßenmannschaft viel vorgenommen hat, gewann die 5. Etappe nach 196,5 Kilometer überlegen vor Matthew Goss aus Australien und dem Argentinier Juan José Haedo. Der nur fünftplatzierte Cavendish, der am Vortag wegen eines Sturzes nicht direkt in die Entscheidung eingreifen konnte, hatte keine Chance.
Wieder einmal angesprochen auf die besondere Rivalität mit seinem ehemaligen Teamkollegen aus England meinte Greipel: „Ich freue mich mehr über den Etappensieg, als Cavendish geschlagen zu haben. Ich weiß nicht, warum jeder glaubt, ich kann ihn nicht schlagen. Ich habe ihn im letzten Jahr besiegt und auch danach noch mehrmals.“
Auf der Verfolgung einer hartnäckigen, vierköpfigen Fluchtgruppe, die sich beinahe den Etappensieg geschnappt hätte, war sein „Sprinterzug“ etwas aus dem Rhythmus geraten, so dass Greipel schon früh allein im Wind fahren musste. Aber gegen seine Bärenkräfte - nicht umsonst wird er „Gorilla“ genannt - kam keiner an. „Wenn ich auf dem Rad bleibe, geht der Sieg nur über mich“, tönte Greipel.
War am Vortag Cavendish als Sturzopfer der Unglücksrabe, traf es diesmal Peter Sagan. Den Träger des Grünen Trikots aus der Slowakei hatte ein Sturz 3000 Meter vor dem Ziel schachmatt gesetzt. Trotzdem verteidigte er sein Leibchen, von dem Greipel immer noch nicht reden will: „Etappensiege haben bei uns Priorität“, sagte der WM-Dritte.
Fast hätte der Crash aber auch Greipel gebremst. „Durch den Sturz hatte ich einige Positionen verloren, aber Greg Henderson hatte auf mich gewartet und mich wieder an die Teamkollegen herangefahren. Der Zug funktionierte perfekt“, lobte der Sprinter. Der Schweizer Zeitfahr-Olympiasieger Fabian Cancellara verteidigte sein Gelbes Trikot, das er seit dem Tour-Auftakt trägt.
Den frühen Schlusspunkt unter eine bittere Tour-Premiere musste Marcel Kittel setzen, als er 39 Kilometer nach dem Start vom Rad stieg. Zu starke Schmerzen im linken Knie zwangen den Thüringer zum vorzeitigen Aus - ein erhoffter Etappenerfolg blieb dem Sprinter verwährt. „Ich habe mir meine Tour auch anders vorgestellt“, sagte der Youngster, als er nach der Etappe schon in Trainingskleidung enttäuscht am Teambus stand. „Ich habe immer geträumt, hier auch mal die Arme hochreißen zu dürfen - nicht um sie dann über dem Kopf zusammenzuschlagen, weil mein Knie so wehtut“, sagte er.
Der 24-Jährige litt seit Sonntagabend an einem Magen-Darm-Virus, das ihn erheblich schwächte und ein Eingreifen in die bisherigen Massensprints unmöglich machte. Am Mittwoch hatte er noch gehofft, es gehe „bergauf“ - dabei aber an das Magenleiden und nicht an sein Knie gedacht. Womöglich hat die verkrampfte Haltung beim Fahren die Beschwerden ausgelöst. „Ich habe schon Probleme beim Treppensteigen“, berichtete Kittel, der „so schnell es geht“ nach Hause wollte.
Das zweite deutsche Sorgenkind, Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin, kam wie schon in den vergangenen Tagen am Ende des Feldes ins Ziel. Der Omega-Profi ging zum zweiten Mal mit einer neuen Schiene an den Start, die nach seinem Kahnbeinbruch in der linken Hand angefertigt worden war, und versuchte sich aus jedem Gedränge rauszuhalten.