Große Erwartungen an den neuen UCI-Chef

Florenz (dpa) - Ihm steht eine kolossale Bergtour mit schwierigen Gratwanderungen bevor. Die Erwartungen an den neuen UCI-Präsidenten Brian Cookson sind hoch.

Der 62 Jahre alte Brite soll den internationalen Radsport in eine neue Ära führen, undurchsichtige Anti-Doping-Politik, Korruption und Klientel-Wirtschaft hinter sich lassen. Nicht mehr und nicht weniger hatte er versprochen, nachdem er den umstrittenen Amtsinhaber Pat McQuaid mit einem 24:18 in der Kampfabstimmung um den UCI-Chefsessel aus dem ehrwürdigen Palazzo Vecchio in Florenz gejagt hatte.

Mit viel Pathos auf die Richtungswahl reagierte der knallharte Jurist Travis Tygart, der Lance Armstrong zu Fall und als rücksichtlosen Doper entlarvt hatte. „Die Wahl des neuen UCI-Präsidenten, der für Transparenz und eine neue Richtung steht, ist ein Signal für den Sport und zeigt, dass saubere Athleten gehört werden, wenn sie für ihre Rechte eintreten“, sagte der Chef der US-Anti-Doping-Agentur USADA.

„Die USADA begrüßt die Abstimmung für eine neue und saubere Zukunft des Radsports. Das Wahlergebnis sendet jenen Sportführern eine kraftvolle Nachricht, die daran scheiterten, die Regeln für saubere Athleten und ihre Integrität zu sichern“, erklärte er weiter. Der WM-Delegationsleiter des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), Vizepräsident Udo Sprenger, befand nach der Wahl, bei der es unter den Fresken von Michelangelo und Leonardo da Vinci im Parkett drunter und drüber gegangen war: „Das ist ein schöner Tag für den Radsport“.

Überhaupt tat sich der BDR nicht schwer mit Lob für den neuen Mann. Auch Präsident Rudolf Scharping freute sich nach seinem Kurzbesuch in Florenz „auf die Zusammenarbeit mit Brian Cookson“. Dabei hatten sich die BDR-Funktionäre in den acht langen Jahren der oft quälenden McQuaid-Regentschaft nie lautstark über dessen Amtsführung beschwert - anders beispielsweise als der Radsport-Chef des kleinen Luxemburg, Jean Regenwetter.

Der Mann mit dem gezwirbelten Schnurrbart hatte die Gepflogenheiten im Internationalen Radsportverband UCI schon im Vorjahr vor dem Armstrong-Outing mit denen „einer Bananenrepublik“ verglichen und war McQuaid hart angegangen. „Natürlich freue ich mich über den Ausgang der Wahl. Wir waren ja als kleiner Verband als erster in Opposition zu McQuaid. Ich hoffe, Cookson hält seine Versprechen - wir müssen unsere Glaubwürdigkeit zurückbekommen“, sagte Regenwetter der Nachrichtenagentur dpa.

Die dreifache Straßen-Weltmeisterin Marianne Vos hat hohe Erwartungen an Cookson, der sich als erstes vorgenommen hat, das Anti-Doping-Management aus dem Verband auszugliedern und nach Konsultation mit der WADA einem unabhängigen Gremium zu übergeben. „Es war wirklich Zeit für einen Wandel - aber das wird sicher ein langer Weg. Ich hoffe, er setzt sich bald mit den Fahrern und Teamleitern zusammen und nimmt unsere Bedürfnisse zur Kenntnis“, sagte die Niederländerin am Samstag nach ihrem grandiosen Solosieg.

Cookson wurde aber nicht von jedem und überall als der große Heilsbringer gefeiert. Der McQuaid-Bezwinger war im Vorfeld der Wahl ins Gerede gekommen. Der neue UCI-Chef, seit 17 Jahren Präsident des britischen Verbandes und damit auch Architekt des atemberaubenden Höhenfluges der Briten auf Bahn und Straße, wird unterstützt vom russischen Öl-Milliardär Igor Makarow. Der Putin-Freund steht dem russischen Verband vor und finanziert die Katusha-Mannschaft, die mit Doping in den eigenen Reihen nicht immer konsequent umging.

McQuaid hatte behauptet, Makarow habe den europäischen Verband UEC geschmiert, um ihn auf Cookson-Linie zu bringen. Der Brite wies das von sich und wird nicht müde zu erklären, ihn an den Ergebnissen seiner zukünftigen Arbeit zu messen.

Als erste Amtshandlung tauschte er den bisherigen Vizepräsidenten Renato di Rocco aus. Wie die „Gazzetta dello Sport“ berichtete, hatte der italienische Verbandspräsident gegen die UEC-Vorgabe verstoßen und seinen Wahlmann für McQuaid stimmen lassen. „Ich habe im Präsidium jetzt eine Mannschaft meines Vertrauens um mich“, sagte Cookson.