Martins Traum in Gelb: „Schönster Tag bei der Tour“

Cambrai (dpa) - Tony Martin stieg voller Stolz das große Podium hinauf und schaute ein wenig ungläubig auf sein erstes Gelbes Trikot. „Ich bin so glücklich. Das ist mein schönster Tag bei der Tour de France.

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Ein unglaubliches Gefühl“, sagte Martin, nachdem er am Ziel seiner Träume angelangt war.

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Ausgerechnet in der „Hölle des Nordens“ auf dem so gefürchteten Kopfsteinpflaster holte sich der ewige Pechvogel mit einem „Sieg des Willens“ sein erstes „Maillot jaune“. Nicht einmal eine Reifenpanne und ein Wechsel auf ein fremdes Rad konnten Martin aufhalten.

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Nach all dem Pech, nach all der Tragik in den vergangenen Tagen fiel nach der 223,5 Kilometer langen Tortur auf der vierten Tour-Etappe von Seraing nach Cambrai eine tonnenschwere Last von Martins Schultern. „Ich habe nie aufgegeben. Das ganze Pech hat mich nur noch mehr motiviert. Ich war noch stark im Kopf und hatte noch ein wenig Power in den Beinen“, ergänzte der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister, der nach einer gewagten „Trotz-Attacke“ 3,3 Kilometer vor dem Ziel im Alleingang vor seinem Freund John Degenkolb und Peter Sagan triumphierte. Damit löste er Chris Froome an der Spitze der Gesamtwertung ab.

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Schon bei Überquerung der Ziellinie ließ Martin seiner Freude freien Lauf und ballte immer wieder die Faust. Völlig erschöpft ließ sich der 30-Jährige anschließend zu Boden fallen. Seine Teamkollegen waren als erste Gratulanten zur Stelle. „Wenn es einer von den 198 Fahrern verdient hat, dann ist es Tony. Er gibt nie auf. Das hat sich heute ausgezahlt“, sagte sein Technischer Manager Rolf Aldag.

Martin ließ sich auf dieser längsten Tour-Etappe durch nichts und niemanden aufhalten. Sogar ein Reifenschaden 19 Kilometer vor dem Ziel brach seinen Willen nicht. Der 30-Jährige schnappte sich das Rad seines Teamkollegen Matteo Trentin und startete eine famose Aufholjagd. Dabei musste er höllisch aufpassen, denn an Trentins Rad waren die Bremsen umgekehrt montiert. In der Spitzengruppe angekommen, startete er die finale Attacke. Und Froome hatte offenbar wenig Interesse daran, letzte Kräfte für das Gelbe Trikot zu mobilisieren. „Er war an den vergangenen Tagen so nah dran. So schlecht ist das für uns auch gar nicht, für die Jungs, die um die Gesamtwertung fahren“, sagte der Brite.

Martin liegt nun zwölf Sekunden vor Froome. Dann folgt Tejay van Garderen 25 Sekunden zurück. Von den Anwärtern auf den Toursieg ist Alberto Contador Achter (0:48). Vorjahressieger Vincenzo Nibali (1:50) und Nairo Quintana (2:08) liegen auf den Plätzen 13 und 17.

Noch am Vortag hatte Froome dem Deutschen um die Winzigkeit von sieben Hundertstelsekunden die Spitzenposition entrissen. Am ersten Tag hatte er das Gelbe Trikot um fünf Sekunden verfehlt. In Zeeland missglückte sein Coup nur, weil Fabian Cancellara Zeitgutschriften gesammelt hatte. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben: Martin ist der 15. Deutsche, der in der 112-jährigen Geschichte der Rundfahrt das begehrte Gelbe Trikot holte. Zugleich war es der 79. deutsche Etappensieg.

Auf dem Weg nach Nordfrankreich ging es auf den letzten sechs von sieben Kopfsteinpflaster-Sektoren mächtig zur Sache. Das Astana-Team um Nibali schlug ein Wahnsinns-Tempo an, doch seine Rivalen im Kampf um den Gesamtsieg waren allesamt auf der Hut. Sogar der kolumbianische Kletterspezialist Quintana, dem ein schwerer Tag prophezeit worden war, ließ sich nicht abschütteln.

Sieben Fahrer waren nach dem schlimmen Massensturz am Vortag nicht mehr dabei. Prominentestes Sturzopfer war der viermalige Zeitfahr-Weltmeister Fabian Cancellara (Schweiz), der zwei Brüche im Lendenwirbelbereich erlitt. Außerdem hatte es den Niederländer Tom Dumoulin (ausgekugelte Schulter und im Schultergelenk), den früheren Mailand-San-Remo-Gewinner Simon Gerrans (Handgelenkbruch), Daryl Impey (Schlüsselbeinbruch), William Bonnet (Bruch des zweiten Halswirbels und Gehirnerschütterung) sowie Dimitri Kosontschuk (Brüche an Schlüsselbein und Schulterblatt) erwischt. Dazu hatte der Amberger Andreas Schillinger vom deutschen Team Bora-Argon mit einem Infekt das Rennen aufgegeben.