Rehhagel: Hertha retten, dann Bundestag trainieren

Berlin (dpa) - Nach seinem Trainerjob bei Hertha BSC will Otto Rehhagel auch die Fußballer vom FC Bundestag coachen - allerdings erst, wenn er mit den Herthanern den Klassenerhalt in der Bundesliga geschafft hat.

„Bis dahin gilt, was ich zu Beginn meiner Tätigkeit gesagt habe: Ich bin Tag und Nacht für Hertha BSC und meine Mannschaft da“, erklärte Rehhagel in Berlin und wies damit den Eindruck zurück, er würde parallel zum Abstiegskampf in der Fußball-Bundesliga auch die kickenden Abgeordneten betreuen.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, hatte von Rehhagels Bereitschaft zur Übernahme des Trainerpostens berichtet. Dazu habe er den 73-Jährigen am Rande der Bundespräsidenten-Wahl überredet, an der der Fußballlehrer als Wahlmann der CDU teilnahm. Daraufhin stellte Rehhagel per Pressemitteilung klar: „Ich habe Herrn Oppermann die Zusage gegeben, die Mannschaft einmal probeweise zu coachen, wenn meine Mission bei Hertha BSC beendet ist.“ Der mit Abgeordneten aus allen Fraktionen formierte FC Bundestag bestreitet etwa 20 Begegnungen im Jahr. Zu den Spielern gehört auch Bundestagspräsident Norbert Lammert.

Vor der Aufregung um Rehhagel hatte sich am Mittwoch die Führungsetage von Hertha BSC auf dem Trainingsgelände die Ehre gegeben und im Abstiegskampf demonstrativ Geschlossenheit demonstriert. Präsident Werner Gegenbauer und Manager Michael Preetz tauschten sich ein paar Minuten mit Rehhagel aus und sahen danach dem Treiben ihrer Angestellten zu. „Wir kommen nur aus der Krise raus, wenn alle an einem Strang ziehen“, sagte Mittelfeldspieler Peter Niemeyer nach der Trainingseinheit.

Überhaupt bekam man den Eindruck, dass die Berliner im Abstiegskampf eher auf Motivation und Spaß als auf Straftraining á la Felix Magath setzen. Bei den Übungen waren immer wieder Anfeuerungsrufe zu hören. Und selbst als Abwehrspieler Alfredo Morales beim Torschusstraining einen Ball vier Meter über das Tor schoss, hörte man Co-Trainer Ante Covic scherzhaft rufen: „Gut geklärt, Alfi!“ Der von einer Oberschenkelverletzung wieder genesene Torwart Thomas Kraft zeigte sich zuversichtlich. „Wir sind nach wie vor eine gute Truppe. Wir müssen jetzt in Mainz gewinnen und sind dazu auch imstande. Ich glaube an die Mannschaft.“

Dass die Diskussionen um die Kompetenzen von Rehhagel in der Öffentlichkeit nicht abreißen, scheint ihn selbst nicht sonderlich zu stören. Gut gelaunt präsentierte er sich beim Training und lieferte sich mit Ersatztorwart Maikel Aerts ein kleines verbales Privatduell. Nach einem nicht gehaltenen Ball rief er dem Niederländer, der vorher durch starke Paraden geglänzt hatte, zu: „Maikel, du hast heute so schöne Bälle gehalten und dann so ein Klops da.“ Quittiert wurde dies durch Gelächter aus den Reihen seiner Schützlinge.

Auch Trainer-Routinier Hans Meyer, der Hertha BSC vor acht Jahren in ähnlich prekärer Situation vor dem Abstieg gerettet hatte, glaubt an seinen Ex-Club - und vor allem an Rehhagels Qualitäten. „Zunächst einmal braucht ein Trainer wie Otto Rehhagel von niemandem mehr Tipps. Ich glaube sogar, er ist - sehr zu seinem Vorteil - längst beratungsresistent“, sagte der 69-Jährige in einem Interview des Fußball-Magazins „11 Freunde“. „Ohnehin hat er in seiner bisherigen Trainerlaufbahn so oft methodisches und pädagogisches Geschick bewiesen, dass seine Arbeitsweise längst als zeitlos gelten darf.“