Ballabriggs gewinnt Grand National - Tote Pferde

Liverpool (dpa) - Waghalsige Sprünge, zwei tote Pferde und ein glücklicher Sieger: Das Grand National hat seinen Ruf als schwerstes Galopprennen der Welt bestätigt. Die 162. Auflage auf der Traditionsrennbahn von Aintree bei Liverpool gewann der 150:10-Favorit Ballabriggs mit Jockey Jason Maguire.

Vor 70 000 Zuschauern verwies der zehnjährige Wallach nach 7,2 Kilometern und 28 Sprüngen Oscar Time mit Jockey Sam Waley-Cohen und Vorjahressieger Don't Push mit Tony McCoy auf die Plätze. Das Rennen war mit 950 000 Pfund (1,08 Millionen Euro) dotiert.

„Das ist verrückt, ein Traum ist wahr geworden. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, ich bin überwältigt“, sagte Maguire nach dem Rennen. Für manche Zuschauer ist das Rennen eher ein Alptraum und die Jockeys sind in ihren Augen in der Tat verrückt. Jedes Jahr sterben Pferde in Aintree, weil sie an den Sprüngen versagen. In diesem Jahr musste das Rennen erstmals umgeleitet werden, weil in der ersten Runde zwei Tiere so schwer gestürzt waren, dass sie verendeten - zwei Sprünge wurden ausgelassen. Von 40 gestarteten Reitern kamen nur 19 ins Ziel. An den drei Renntagen wurden insgesamt 47 Stürze gezählt.

Kurz vor dem Start des Hauptrennens hatte eine Gruppe Tierschützer vor der Rennbahn lautstark protestiert. Sie halten die ganze Veranstaltung schlicht für Tierquälerei. „Der Tod reitet immer mit“, sagt Tony Moore, eine der Aktivisten. Im vergangenen Jahr kamen an den drei Tagen von Aintree fünf Pferde um - von den verletzten, die später eingeschläfert werden müssen, ganz zu schweigen. Seit dem Jahr 2000 stieg die Zahl der Pferdeleichen in Aintree auf 33.

Moore wartet noch mit anderen Zahlen auf. „400 Pferde sterben jedes Jahr im Rennsport in Großbritannien“, sagt er. Jährlich landeten 4000 Pferde aus dem Rennsport im Schlachthaus - weil sie nach ihren drei, vier Jahren im Einsatz keine Rehabilitation erführen. Nur für 200 Pferde gäben die Rennveranstalter Geld aus.

Die Organisatoren in Aintree sehen das natürlich ganz anders. „Wir sind vorbildlich, was den Tierschutz angeht“, behaupten sie und führen ein eigenwilliges Argument ins Felde: Der Operationstrakt in der Rennbahn-eigenen Tierklinik sei einer der modernsten überhaupt. „Pferde, die von unseren Tierärzten betreut werden, könnten in keinen besseren Händen sein“, schreiben die Organisatoren auf ihrer Internetpräsenz.

Tatsächlich haben die Veterinäre in Aintree technisch enorm aufgerüstet. Im OP-Saal kann beispielsweise das Video eines Sturzes beim Rennen immer wieder abgespielt werden - auch in Zeitlupe. So versuchen die Ärzte punktgenau herauszufinden, welches Gelenk, welcher Muskel oder welche Sehne genau betroffen ist.

An den Hindernissen wird aber lieber nichts geändert - die Tradition spricht dagegen. Immerhin ließen die Rennveranstalter vor Jahren eine Begrenzung der Teilnehmerzahl auf 40 Pferde zu. Wer sich das Genick bricht, kommt nicht zum Tierarzt - sondern zum Metzger.