Glienewinkel gewinnt 86. deutsches Spring-Derby
Hamburg (dpa) - Ein Altenpfleger hat den Reitprofis beim 86. deutschen Spring-Derby die Show gestohlen. Mit einer couragierten Vorstellung gewann Außenseiter Christian Glienewinkel auf dem Traditionskurs in Hamburg-Klein Flottbek den Klassiker um das Blaue Band.
Zwei Tage nach seinem 30. Geburtstag gelang ihm vor über 20 000 Zuschauer auf Aircare der 151. fehlerfreie Ritt in der 95-jährigen Derby-Geschichte - und damit der völlig unerwartete Sieg bei dem erstmals mit 120 000 Euro dotierten Springen. Er blieb als einziger ohne Fehler.
„Das ist unglaublich. Ich kann es nicht fassen“, sagte Glienewinkel, der im Hauptberuf Altenpfleger ist. Er hatte 2011 sein Derby-Debüt gegeben. 2013 und 2014 war er mit „Ernie“, wie er den 14 Jahre alten Wallach nennt, bereits als Neunter und Achter platziert.
„Vom Siegen habe ich noch gar nicht geträumt. So Platz drei und vier wäre diesmal schon super gewesen.“ Das größte Lob ging an sein Pferd. „Das hat er super gemacht“, lobte Glienewinkel. Er habe den Wallach selbst ausgebildet. „Niemand hat an ihn reell geglaubt, weil er nicht so schön springt.“ Nun zeigten die beiden, was in ihnen steckt.
Weder vor noch nach ihm schaffte es einer seiner 30 Konkurrenten, bei wechselhaften Wetterbedingungen mit Wind, Regen und Sonnenschein ohne Abwurf über die 17 Hindernisse des 1230 Meter langen Parcours zu kommen. Auch nicht der dreimalige Derby-Sieger Andre Thieme, der mit Quonschbob einen Abwurf hatte, von den vier Startern mit vier Strafpunkten aber der schnellste war. Andre Plath von der Insel Poel wurde auf Cosmic Blue Dritter vor der Lokalmatadorin Janne-Friederike Meyer mit Anna und dem zweimaligen Derby-Gewinner Carsten-Otto Nagel aus Norderstedt auf den erfahrenen Lex Lugar.
Für Vorjahressieger Nisse Lüneburg aus Wedel endete der letzte gemeinsame Karriere-Auftritt mit seinem Erfolgspferd Calle Cool auf dem berühmten Wall. Der 18-jährige Wallach weigerte sich, die drei Meter hinunterzugehen.
Ein Tag zuvor hatte Philipp Weishaupt nur um 0,25 Sekunden das große Geld verpasst. Der Angestellte des viermaligen Olympiasiegers Ludger Beerbaum musste sich in dem mit 300 000 Euro dotierten Großen Preis im Stechen auf Chico nur Kent Farrington auf Voyeur geschlagen geben. Der Weltranglisten-Vierte aus den USA kassierte 99 000 Euro, der 29-jährige Weishaupt immerhin 60 000 Euro.
Die Prüfung zählte zur Global Champions Tour. In der Serie werden insgesamt zehn Millionen Euro ausgeschüttet. Hamburg war die fünfte Station und die einzige in Deutschland, zehn weitere Springen folgen.
Olympia-Starterin Anabel Balkenhol gewann am Sonntagvormittag das 57. Dressur-Derby. Nach zwei zweiten Plätzen 2011 und 2013 holte sich die 43-Jährige aus Rosendahl erstmals das traditionsreiche Blaue Band. Im Finale mit Pferdewechsel setzte sie sich gegen die Spanierin Morgan Barbançon Mestre und die Russin Inessa Merkulowa durch. Bestes Pferd war Merkulowas Pferd Mister X vor Barbançon Mestres Vitana und Balkenhols Rockefellers Cinderella. Anabel Balkenhol war die einzige deutsche Top-Reiterin in Hamburg.