Mit Halla zur Legende: Hans Günter Winkler wird 85
Berlin (dpa) - Nach einer großen Feier ist Hans Günter Winkler am Sonntag nicht zumute. „Wir hatten immer ein großes offenes Haus, aber ich feiere jetzt lieber im kleinen Kreis“, meinte die Springreiter-Legende vor ihrem 85. Geburtstag.
Wir - das waren er und seine vierte Ehefrau Debby.
Im Februar starb die als Turnierreiterin ebenfalls erfolgreiche US-Amerikanerin mit 51 Jahren an den Folgen eines Reitunfalls auf ihrem gemeinsamen Anwesen in Warendorf. „Ich fahre nach Ascona und feiere da. Es sind nur ein paar Freunde dabei, neun oder zehn“, sagte Winkler zu seinen Plänen. Zu sehr schmerzt ihn der Verlust seiner Frau, mit der er sieben Jahre verheiratet war.
Auch wenn sich der erfolgreichste Springreiter der Welt an seinem Festtag zurückzieht, vergessen wird er nicht. Zur Legende machte ihn der Ritt mit seiner Stute Halla bei den olympischen Reiterspielen in Stockholm am 17. Juni 1956: Winkler hatte sich in der ersten Runde der Einzel- und Mannschafts-Entscheidung beim Sprung über das 13. Hindernis einen Muskelriss in der Leiste zugezogen.
Trotz großer Schmerzen trat Winkler zum zweiten Durchgang an. Und obwohl er Halla kaum Reithilfe geben konnte, trug ihn die Stute, eine „Mischung aus Genie und irrer Ziege“ (Winkler), ohne Fehler über die Hindernisse und zum Doppel-Gold.
Zwei Jahre nach dem sensationellen Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft durch Fritz Walter & Co. hatte die Wirtschaftswunder-Republik ihren nächsten großen Star. Winklers Ruhm reicht bis in die Gegenwart - und nicht nur im Pferdesport.
Die als „Wunderstute“ bezeichnete Halla und er wurden eine Marke. Doch es wird vergessen, dass Winkler, kurz HGW genannt, nicht nur mit Halla, sondern mit sechs weiteren Pferden große Titel holte. Ein Beleg für seine reiterliche Kunst. Von 1956 bis 1976 nahm er an sechs Olympischen Spielen teil, gewann fünf Gold-, eine Silber- und eine Bronzemedaille. Zwei Weltmeistertitel erritt er sich 1954 und 1955, dazu kamen noch eine Gold-, zwei Silber- und drei Bronzemedaillen bei Europameisterschaften.
1986 verabschiedete sich Winkler, am 24. Juli 1926 im heutigen Wuppertaler Ortsteil Barmen geboren, aus dem aktiven Reitsport - nach 38 Jahren. Seinen ersten Sieg in einem schweren Springen hatte er am 10. Oktober 1948 in Nördlingen gewonnen, den letzten Sieg holte er 1983 beim Großen Preis im französischen Le Tourquet.
Schon vor seinem Karriereende hatte er zahlreiche Fachbücher geschrieben. Er arbeitete als Trainer, zwischenzeitlich auch als Bundestrainer. Beim Verband war er in unterschiedlichen Funktionen tätig. Winkler war auch als Geschäftsmann erfolgreich, baute sein eigenes Marketingunternehmen. Er wurde ge- und verehrt. Winkler wurde unter anderem zweimal zum Sportler des Jahres, erhielt das Bundesverdienstkreuz und wurde in die „Hall of Fame des deutschen Sports“ aufgenommen.
In Erinnerung wird er aber immer im Zusammenhang mit seiner „irren Ziege“ bleiben. Die 1979 im biblischen Pferde-Alter von 34 Jahren gestorbene Halla ist in einem Punkt ihrem Reiter voraus. Ihr wurde ein Denkmal gewidmet. Am Sitz der Deutschen Reiterlichen Vereinigung steht eine lebensgroße Bronze-Plastik von der Stute.