Schock bei Dressur-EM: „Das Ding ist gelaufen“
Rotterdam (dpa) - Die erhofften Totilas-Festspiele sind bereits verdorben, bevor das Wunderpferd überhaupt geritten ist. Die deutschen Dressurreiter starrten mit entsetzten Mienen auf die Anzeigetafel, die das vorzeitige Ende der Gold-Hoffnung bei der EM ankündigte.
Schon nach dem ersten Tag in Rotterdam ist der Titel in nahezu unerreichbare Ferne gerückt. „Der Abstand ist zu groß, das ist eindeutig“, kommentierte Bundestrainer Holger Schmezer: „Das Ding ist gelaufen.“
Totilas-Reiter Matthias Rath flüchtete derweil wortlos in den Wald neben dem Stadion. Der Traum vom ersten Gold mit dem als Wunderpferd geltenden Hengst verflüchtigte sich schon vor dem ersten gemeinsamen EM-Ritt. Nach zwei von vier Reitern liegen die Briten mit 149,256 Prozentpunkten klar vor Deutschland mit 142,523 und den Niederlanden (141,490). Da hilft nur noch ein sportliches Wunder, an das keiner der Reiter mehr glaubt. „Da ist wohl nichts mehr zu machen“, sagte Isabell Werth.
Geradezu geschockt wirkten die Deutschen, nachdem die Britin Charlotte Dujardin mit Valegro (78,830) dem missglückten Auftritt von Christoph Koschel (Hagen a. TW) mit Donnperignon (71,444) einen wahrhaften Gala-Auftritt folgen ließ. „Der Abstand ist bedenklich“, sagte der Bundestrainer. Dabei hatte sein Team nach dem auch nicht berauschenden Auftakt der EM-Debütantin Helen Langehanenberg (Havixbeck) auf Damon Hill (71,079) sogar noch knapp geführt.
Doch Koschel und sein zwölfjähriger Wallach zeigten unerwartete Schwächen und enttäuschten. „So hatten wir uns das nicht vorgestellt“, sagte der Reiter geknickt und zählte die Fehler auf: „Einerwechsel, Zweierwechsel und der starke Galopp waren alle kaputt - das ist schon verschärft!“ Und der Bundestrainer konstatierte: „Es waren zu viele Fehler und zu wenig Höhepunkte.“
Isabell Werth (Rheinberg) mit El Santo und Matthias Rath (Kronberg) mit Totilas können das am Donnerstag nur aufholen, wenn die beiden britischen Starter ein Desaster erleben. Equipechef Klaus Roeser versuchte zaghaft noch ein wenig Hoffnung zu schüren: „Das ist weit weg, aber die anderen müssen ja auch erst noch reiten.“
Aber wie beim deutschen Team kommen auch bei den Briten am zweiten Tag die höher eingeschätzten Paare: Vize-Weltmeisterin Laura Bechtolsheimer mit Mistral und Carl Hester mit dem Hengst Uthopia, der bei manchen Dressur-Experten als noch talentierter als Totilas gilt.
Der Bundestrainer rechnete vor: „Da fehlen mindestens vier Prozentpunkte, die wir gebraucht hätten.“ Schmezer schränkte ein: „Nach der Papierform waren wir ja nur Mitfavoriten.“ Dass die Briten jedoch so weit vorne lagen, hatte auch ihn völlig unvorbereitet getroffen.