Totilas in der „Höhle des Löwen“: Dreimal Gold?
Rotterdam (dpa) - Drei Goldmedaillen - nichts anderes zählt. Die Erwartungen an Totilas und Matthias Rath sind vor der Dressur-Europameisterschaft in Rotterdam riesengroß.
Obwohl die ersten gemeinsamen Titelkämpfe des neuen deutschen Traumpaares ausgerechnet in der alten Heimat des Wunderpferdes geritten werden und wieder ein „deutsch-niederländischer Dressurkrieg“ droht, gilt der 27-Jährige als absoluter Topfavorit. Aber Rath gibt sich betont gelassen und wiegelt ab: „Das sehe ich ganz anders.“
Der 27-Jährige ist vor und nach dem Rekord-Transfer des Wunderpferdes von niederländischen Fans beschimpft, der neue Besitzer Paul Schockemöhle in „üblen Briefe“ sogar bedroht worden. Rotterdam sei die „Höhle des Löwen“ und „sicher nicht der ideale Orte“ für die erste gemeinsame EM, lautete die Einschätzung von Schockemöhle, der damals von „ein paar Verrückten“ sprach, nun aber die Brisanz herunterspielt: „Es wird sicher den ein oder anderen Pfiff geben, aber insgesamt wird das kein Problem.“
„Ich habe nichts mehr bekommen“, berichtete Rath vor dem EM-Beginn am Mittwoch: „Ich glaube auch nicht, dass da noch was kommt.“ Rath ist wie alle Beteiligten sehr bemüht, dem möglichen Ärger wenig Bedeutung beizumessen und die Erwartungshaltung kleinzureden. Sein Ziel im Sattel des besten und teuersten Dressurpferdes der Welt? „Drei gute Runden zu reiten - das ist alles.“
Rath setzt auf Understatement, obwohl er und das deutsche Team dank Totilas zuletzt beim CHIO in Aachen alles gewannen, was zu gewinnen war. „Ja klar, mit der Mannschaft haben wir ein gute Chancen, eine Medaille zu holen“, sagte der Student: „Zuletzt war es Bronze, ich hoffe, dass wir uns ein bisschen steigern können.“ Zuletzt, das war 2009 bei der EM in Windsor, wo noch Edward Gal das Wunderpferd ritt und das niederländische Team zum Sieg führte - ehe er vergangenes Jahr mit Totilas dreimal WM-Gold gewann.
Dreimal EM-Gold erwarten die deutschen Dressurfans jetzt von Rath. Auch wenn der Reiter aus Kronberg im Taunus die Favoritenrolle weiter zu schieben versucht. „Wenn man mich fragen würden, dann würde ich ganz klar sagen, dass das Laura Bechtolsheimer und Adelinde Cornelissen sind, weil die seit längerem konstante Leistungen zeigen.“ Geschickter Versuch, doch in Aachen hat Rath die britische Vize-Weltmeisterin und die niederländische Weltcup-Siegerin bereits klar hinter sich gelassen.
Bisher hat Rath der enormen Erwartungshaltung und dem Druck, Gals Erfolge mit dem Ausnahmepferd zu wiederholen, prima standgehalten. Bei der EM in Rotterdam erwarten ihn nun aber verschärfte Bedingungen. In Erinnerung geblieben ist der „deutsch-niederländischer Dressurkrieg“ - so wurde die aufgeheizte Stimmung mit Pfiffen und Störungsversuchen während des Dauerduells zwischen Anky van Grunsven und Isabell Werth Ende der 90er Jahre genannt.
„Ich glaube nicht, dass es eine Kampagne gegen Totilas geben wird“, sagte Werth (Rheinberg), die in ihrer Karriere bereits 13 goldene EM-Medaillen gewonnen hat. In Rotterdam reitet sie El Santo und bildet mit Rath, Christoph Koschel (Hagen a. TW) auf Donnperignon und Helen Langehanenberg (Havixbeck) auf Damon Hill das deutsche Quartett. Auch dank Totilas im Team darf sie nun auf das 14. Gold hoffen.