Totilas-Reiter Rath im Schatten des Wunderpferdes

Aachen (dpa) - Alle reden vom Wunderpferd Totilas. Kaum einer spricht von Matthias Rath. Kein Reiter steht so im Schatten seines Pferdes wie der Mann im Sattel des rund zehn Millionen Euro teuren Hengstes.

In Aachen tritt er mit der schwarzen Schönheit erstmals gegen dessen Ex-Reiter an.

So ähnlich dürfte Schwiegermutters Liebling aussehen - blond und brav. Matthias Rath wirkt eher unscheinbar, mit den oft geröteten Wangen manchmal auch ein bisschen bieder. Irgendwie passt dieser freundliche Dressurreiter gar nicht zum hochgejazzten Popstar des Pferdesports, zu der schwarzen Schönheit namens Totilas.

Alle reden von dem Wunderpferd, aber niemand käme auf die Idee, von einem Wunderreiter zu sprechen. Kein anderer steht so im Schatten seines Pferdes wie der Mann im Sattel des rund zehn Millionen Euro teuren Hengstes. Das ist auch in Aachen so, wo der 26-Jährige von Donnerstag an mit Totilas erstmals gegen dessen Ex-Reiter Edward Gal antreten muss.

„Totilas ist populärer als ich, aber das kann gern auch so bleiben“, sagt Rath. Das klingt ein bisschen wie auswendig gelernt. Vielleicht liegt das daran, dass Rath das schon so oft gesagt hat, seit er das Pferd reitet. Womöglich liegt das aber auch an dem PR-Mann, der eigens für ihn und das Pferd abgestellt ist.

Totilas taugt zum Star, Rath eher nicht. Der junge Mann ist trotzdem ein viel gefragter Mann, und er gibt in der Regel freundlich und ausführlich Auskunft. Aber nur als zweitbeste Lösung, schließlich bleibt der eigentliche Star zwangsläufig jede Antwort schuldig.

Trotzdem sollte niemand den Studenten aus Kronberg im Taunus unterschätzen. Dass das noch junge Paar zuletzt bei den deutschen Meisterschaften bei drei Starts dreimal gewann, ist nicht so selbstverständlich, wie es erscheint. „Der Einbruch in Wiesbaden hat gezeigt, wie schnell es gehen kann“, sagt Bundestrainer Holger Schmezer mit Verweis auf einen missglückten Grand Prix.

„Er ist ein gefühlvoller Reiter, der sich gut eingestellt hat“, beschreibt der Bundestrainer den Musterschüler. „Der äußere Eindruck spiegelt wider, dass er mal angeschubst werden muss. Er ist keiner, der explodiert.“

Raths größte Leistung war bisher aber weniger eine reiterliche als vielmehr eine psychologische. Ein stärkerer Druck, als mit dem besten und teuersten Dressurpferd der Welt einzureiten, ist für einen Dressurreiter kaum vorstellbar. Rath hat dem bisher standgehalten. Und er hat den ganzen Rummel um den Hengst scheinbar schadlos überstanden.

Der blonde Jüngling besitzt die notwendige Wettkampfhärte. Und er besitzt auch die Fähigkeit, die erste Peinlichkeit der Karriere einigermaßen zu überstehen. Bei den deutschen Meisterschaften ritt er mit dem Millionenpferd die spiegelverkehrte Kür des Vorreiters Edward Gal und erklärte anschließend so, als sei das völlig normal: „Ja, das stimmt. Die Küren sind sehr ähnlich.“

„Plagiat im Viereck“, schrieb ein Fachmagazin, die Kür sei „geklaut.“ Für den CHIO, wo auch Gal reitet und seinen Totilas-Nachfolger Sisther de Jeu sattelt, soll es nun eine neue, eine eigene Kür geben. Er habe „natürlich noch an der Choreographie“ gearbeitet, sagt Rath.