Rogge zur IOC-Wahl: Kein Vorteil für Nichteuropäer
Lausanne (dpa) - Für den scheidenden IOC-Präsidenten Jacques Rogge haben die außereuropäischen Bewerber bei der Wahl seines Nachfolgers keinen Vorteil.
„Ich glaube nicht, dass dieser Faktor eine Rolle spielen wird“, sagte der Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in einer Telefonkonferenz mit Medienvertretern. „Meine Kollegen werden wählen, wer das IOC am besten führen kann. Sie werden nicht nach der Nationalität oder danach gehen, aus welchen Kontinent er kommt.“
Bei der Wahl des Rogge-Nachfolgers am 10. September in Buenos Aires gehen Richard Carrion (Puerto Rico), Ng Ser Miang (Singapur) und Wu Ching-Kuo (Taiwan) gegen das europäische Trio Thomas Bach (Tauberbischofsheim), Denis Oswald (Schweiz) und Sergej Bubka (Ukraine) ins Rennen. Und da könnte die Frage eine Rolle spielen, ob es nicht an der Zeit wäre, dass ein Nichteuropäer das IOC anführt. In der 119-jährigen IOC-Geschichte gab es erst einen nicht aus Europa stammenden Präsidenten: Den US-Amerikaner Avery Brundage (1952-1972).
Dass der einflussreiche kuwaitische Scheich Ahmed al-Sabah, Präsident der Weltvereinigung der Nationalen Olympischen Komitees (ANOC), bei der Wahl die Rolle des „Königsmachers“ spielen könnte, glaubt Rogge nicht. „Ich habe keinen Grund, mich zu sorgen. Er leistet gute Arbeit als ANOC-Präsident, er hat die Asienspiele erfolgreich organisiert und ich habe eine gute Beziehung zu ihm“, sagte Rogge. „Es gibt eine Einheit zwischen IOC, ANOC und den NOKs.“
Zu Ankündigungen einiger Präsidentschaftskandidaten, das momentan geltende Alterslimit für IOC-Mitglieder von 70 Jahren wieder anzuheben (75 oder 80 Jahre), meinte Rogge: „Nach meinem Beobachtungen wird das Alterslimit nicht verändert werden, ungeachtet einiger Vorschläge. Ich denke, das ist wichtig für die Reputation des IOC.“
Im Kampf um einen Platz im Olympia-Programm für die Spiele 2020 räumt der Belgier den Ringern gute Chancen ein. „Der Ringer-Weltverband hat eine gute Antwort auf die Herausforderungen gefunden“, sagte Rogge, der mit der IOC-Exekutive im Februar zunächst das olympische Aus für den Traditionssport empfohlen hatte. Der Verband habe die Einbindung der Frauen und die Mitbestimmung der Athleten verbessert sowie die Regeln verständlicher gemacht. „Die Ringer haben gute Arbeit geleistet.“ Auf der 125. IOC-Session in Buenos Aires wird entschieden, ob Ringen im olympischen Programm bleibt, Softball/Baseball zurückkehrt oder Squash neu aufgenommen wird.
Überzeugt ist Rogge, dass trotz der Massenproteste beim Confed Cup die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro ein Erfolg werden. „Die Fußball-WM wird einen großen Schub für die Spiele bringen und beides wird ein Erfolg werden“, sagte der ehemalige Segler. Die Brasilianer lieben den Fußball und haben eine sehr starke Heimmannschaft. „Alle diese Faktoren zusammen machen mich optimistisch.“
Allerdings müsse man den Menschen erklären, dass Olympische Spiele mit den großen Investitionen in die Infrastruktur eines Landes ein Erbe für die Zukunft seien und wofür das Geld verwendet werde. „Die Spiele verbessern eine Gesellschaft. Das ist die Botschaft, die wir senden müssen“, meinte Rogge.
Der 71-jährige frühere Chirurg will sich nach dem Ausscheiden nicht mehr in die olympische Sportpolitik einmischen. „Es wäre nicht weise, wenn der ehemalige und der aktuelle Präsident Kommentare abgeben würde. Ich werde mich nicht in die IOC-Geschäfte einmischen“, kündigte Rogge an. „Ich werde ein Elder Statesman.“.