Aufstand der jungen Segler

Kiel (dpa) - Die jungen Hoffnungsträger im deutschen Team wollen selbst auf Segel-Ikone Jochen Schümann nicht hören. „Wollt Ihr olympische Medaillen oder Teil einer Show sein und dafür auch noch bezahlen?

“, fragte der dreifache Olympiasieger am Samstagabend im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF.

Die Angesprochenen sind die Laser-Europameister Philipp Buhl aus Sonthofen und 49er-Weltcup-Sieger Erik Heil aus Berlin, beide 23 Jahre alt und derzeit bei der Kieler Woche im Einsatz. Buhl ist nach sechs Wettfahrten vorerst Dritter, Heil mit Vorschoter Thomas Plößel Zweiter mit zwei Punkten Rückstand auf die führenden Österreicher Nico Delle Karth/Nikolaus Leopold Resch.

Die jungen deutschen Segler wollen ihren eigenen Weg zum Erfolg, da ist ihnen auch der Rat Schümanns nicht wichtig. Neben dem Einsatz in ihren olympischen Segeldisziplinen werden die Freunde Anfang September vor San Francisco ein junges deutsches Segelteam in den Jugend-America's-Cup führen.

Bei den Förderern stößt der Alleingang abseits von der olympischen Hauptaufgabe auf Kritik. Dabei hatten die deutsche Nationalmannschaft, genannt Sailing Team Germany (STG), und der Norddeutsche Regatta Verein (NRV) das nationale America's-Cup-Projekt zu Jahresbeginn selbst initiiert, damit die Talente auf dem Weg nach Rio 2016 wertvolle Erfahrung im Profigeschäft sammeln können. Dann aber geschah der Katamaran-Unfall, bei dem der britische Olympiasieger Andrew Simpson starb. Die deutschen Befürworter zogen daraufhin ihr Nachwuchsteam zurück. Die Jungen aber wollen sich ihren America's-Cup-Traum nicht mehr nehmen lassen, sammelten in Spendenaufrufen erfolgreich Geld und starten nun auf eigene Faust mit ihrem Team All In Racing bei der Katamaran-Regatta vor San Francisco. Schümann wirft den beiden vor, sich nicht auf ihre Kernaufgabe zu konzentrieren. Die heiße Olympia, alles andere komme später. „Für Olympiasieger öffnet sich die Show-Bühne automatisch“, sagte der 59-Jährige. Er war erst nach seinen olympischen Medaillen beim Cup gestartet und holte für die Schweizer Teams Fast 2000 und Alinghi zweimal den America's Cup.

Im Sailing Team Germany, dem auch Schümann als Mitgründer und Aufsichtsratsmitglied verpflichtet ist, fragt man sich inzwischen, wie man die selbstbewussten Talente wieder auf Kurs bringt. „Unseren Segen haben die Jungs nicht“, sagte STG-Geschäftsführer Oliver Schwall. Buhl, Heil und fünf weitere deutsche Olympia-Segler werden trotzdem bei dem von Red Bull kreierten Extremsport-Spektakel auf AC-45-Katamaranen dabei sein. „So eine Chance bekommen wir vielleicht nie wieder“, sagt Buhl. „Wir haben definitiv vor, in San Francisco auf uns aufmerksam zu machen.“ 49er-Steuermann Heil erklärt: „Natürlich haben unsere Olympia-Kampagnen Vorrang, doch wir haben von erfolgreichen Segelnationen wie den Briten oder Australiern gelernt, dass man interdisziplinär denken muss um seine Ziele zu erreichen.“ Abgerechnet wird bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro.