Der „Djoker“ mit dem „Grand-Slam-Herz“
Paris (dpa) - Dijana Djokovic diagnostizierte am Dienstagabend bei ihrem Sohn Novak treffend ein „Grand-Slam-Herz“. Da hatte die Nummer eins der Tenniswelt bei den French Open gerade gegen Jo-Wilfried Tsonga einen 6:1, 5:7, 5:7, 7:6 (8:6), 6:1-Sieg gefeiert und vier Matchbälle abgewehrt.
Nach dem 26. Matchgewinn in Serie bei einem Grand-Slam-Turnier stieß der Serbe nach hinten gebeugt einen Tierschrei aus, dabei tanzte seine Freundin Jelena Ristic in der Spielerbox und träumte wohl schon vom „Djoko-Slam“ - dem jahresübergreifend vierten Triumph nacheinander bei den vier wichtigsten Turnieren. Tsongas Mutter Évelyne liefen auf der Tribüne des Court Philippe Chatrier unterdessen Tränen über die Wange.
Beim „Champions-Abend“ bekam Djokovic dann Lob von allen Seiten zu hören. Dort gab es für den besten Tennisprofi des ATP-Jahres 2011 als Trophäe einen silbernen Aufschlagsspieler. Darauf ausruhen darf sich der 25-Jährige aber nicht, denn allzu souverän waren seine letzten beiden Auftritte am Bois de Boulogne nicht: Schon gegen den Italiener Andreas Seppi hatte er einen 0:2-Satzrückstand aufholen müssen. Dem bärenstarken Lokalmatadoren Tsonga sagte er anschließend fair: „Jo hätte den Sieg verdient gehabt.“ Was nach zwei Vier-Stunden-Partien nacheinander nun sei Regenerationsprogramm sei? „TV-Programm“, witzelte „Nole“.
Immerhin ließ zeitgleich mit dem „Unversenkbaren“ („L'Equipe“) auf dem Court Suzanne Lenglen nur 250 Meter entfernt auch Djokovics nächster Kontrahent Roger Federer Kräfte. Der frühere Branchenführer siegte gegen den Argentinier Juan Martin del Potro nach starkem Finish mit 3:6, 6:7 (4:7), 6:2, 6:0, 6:3.
Djokovic gegen Federer in einem French-Open-Halbfinale - da war doch was? Im Vorjahr beendete der Schweizer im Stade Roland Garros in einem epischen Vier-Satz-Kampf Djokovics unfassbare Saison-Siegesserie von 41 Matches, die zweitbeste in der Tennis-Geschichte. „Ich freu' mich auf Novak. Unser Duell hier 2011 war eines der besten Matches des Jahres“, sagte 30-Jährige nun. Mit seinem 31. Grand-Slam-Halbfinaleinzug egalisierte er den Uralt-Rekord von Jimmy Connors.
Das große Ziel Djokovics hat selbst Federer noch nicht geschafft: Der Serbe könnte der dritte Profi werden, der zeitgleich alle vier Grand-Slam-Titel hält - nach den Ikonen Donald Budge (USA) und Rod Laver (Australien). Allerdings will auch der unüberwindbar scheinende Sandplatz-Gladiator Rafael Nadal Geschichte schreiben und als erster zum siebten Mal in Roland Garros das Turnier gewinnen. Mit dem 7:6 (7:4), 6:2, 6:3 gegen seinen Landsmann Nicolas Almagro erreichte der Mallorquiner am Mittwoch ohne Satzverlust die Vorschlussrunde.
Djokovic lässt sich von dem Druck nicht erdrücken und ist manchmal immer noch der Spaßvogel und Lebemann von früher. Beim Turnier in Madrid wollte er verzweifelt den kultigen Actionfilm-Helden Chuck Norris einladen, damit der ihm das Rutschen auf dem umstrittenen blauen Sand erklärt. Und an seinem 25. Geburtstag flanierte der Wahl-Monegasse jüngst über den Roten Teppich der 65. Filmfestspiele von Cannes. „Das Leben ist zu kurz, um immer ernst zu sein“, sagt der „Djoker“.