Der Jüngste und der Älteste: Zverev und Haas imponieren
London (dpa) - Er muss sich übergeben und wird von Krämpfen geplagt. Am Ende aber feiert Alexander Zverev eine bemerkenswerte Grand-Slam-Premiere. Auch der mehr als doppelt so alte Tommy Haas imponiert in Wimbledon.
Zverev konnte sich kaum noch aus seinem Stuhl erheben. „Darf ich sitzenbleiben?“, fragte er die Reporter, nachdem der offizielle Teil seiner ersten Grand-Slam-Pressekonferenz beendet war. Aber da es um Bilder fürs Fernsehen ging und der 1,98 Meter große Schlaks mit seinem Wuschelkopf eine telegene Erscheinung ist, stand er dann doch gequält auf und erzählte noch einmal von seinem bemerkenswerten Debüt beim ältesten Tennisturnier der Welt.
Zum ersten Mal steht der Teenager aus Hamburg bei einem der vier wichtigsten Events auf der Tour im Hauptfeld. Mit 18 Jahren und 83 Tagen ist er jüngste Spieler, der in diesem Jahr auf den Rasenplätzen in Wimbledon aufschlägt. Als größtes deutsches Talent seit Jahrzehnten gilt er schon lange - nun scheinen der Aufstieg in die Top 50 und weit darüber hinaus nur noch eine Frage der Zeit.
6:3, 1:6, 6:3, 3:6, 9:7 gewann der jüngere Bruder von Mischa Zverev gegen den Russen Teimuras Gabaschwili. In seinem ersten Fünf-Satz-Match überhaupt musste er sich im vierten Durchgang übergeben und wurde am Ende von Krämpfen geplagt. „Ich glaube, die Tennisgötter wollten mir direkt eine Aufgabe stellen, die ich eigentlich ganz okay erfüllt habe“, sagte Zverev, die Arme vor der Brust verschränkt. Stimme und Gesichtsausdruck wirkten in dem Moment so, als würde er vom letzten Wochenendeinkauf berichten und nicht von dem wohl aufregendsten Match seiner bisherigen Karriere.
Vor einem Jahr war er noch die Nummer 665 der Welt, mittlerweile führt ihn der Branchencomputer auf Position 74. Mit dem Sieg beim hochkarätig besetzten Challenger-Turnier in Braunschweig begann 2014 der Höhenflug von „Sascha“, wie er von allen genannt wird.
Beim Heimturnier am Hamburger Rothenbaum erreichte er sensationell das Halbfinale. „Danach war es jedoch mental schwer für mich, weil ich zu jedem Challenger mit dem Gefühl gefahren bin, dass ich gewinnen muss“, berichtete Zverev zuletzt. Die Besten der Besten sind aber überzeugt von seinem Potenzial. „Für mich ist er ein potenzieller Grand-Slam-Sieger“, sagt Rafael Nadal. Novak Djokovic verlor zuletzt bei einem Showturnier gegen Zverev und zeigte sich anschließend beeindruckt vom Auftritt des jungen Mannes.
Nicht minder imponierte am Eröffnungstag der nimmermüde Oldie Tommy Haas. Als ältester Spieler seit Jimmy Connors im Jahr 1991 gewann der 37-Jährige ein Match in Wimbledon. Haas kommt wie Zverev aus Hamburg, steht im Gegensatz zu seinem Teenager-Kollegen aber auf der Zielgeraden seiner Karriere - und sorgt für den Altersrekord auf der anderen Seite der offiziellen Turnierstatistik. Kein anderer Spieler im Hauptfeld ist älter als die frühere Nummer zwei der Welt.
Am Mittwoch aber könnten sich die Wege trennen. Haas ist gegen den Vorjahres-Halbfinalisten Milos Raonic aus Kanada Außenseiter. Zverev dagegen darf sich gegen den Ranglisten-105. Denis Kudla aus den USA gute Chancen ausrechnen - wenn er bis dahin wieder laufen kann.