Elegantes Duo: Edberg soll Federer inspirieren
Melbourne (dpa) - Stefan Edberg ließ sich von all den Tennis-Legenden am meisten Zeit. Erst am Montag kam der Schwede in Melbourne an, um erstmals mit seinem neuen Schützling Roger Federer zu trainieren.
18 Jahre sind seit seinem letzten eigenen Spiel bei den Australian Open vergangen, doch so mancher Beobachter hatte beim Anblick des sechsmaligen Grand-Slam-Turnier-Siegers den Eindruck, die Zeit sei ein klein wenig stehengeblieben.
Rank, schlank und durchtrainiert kam Edberg daher. Während man Boris Becker die Spuren einer langen aktiven Karriere deutlich ansieht und der 46-Jährige wegen Hüft- und Sprunggelenksoperationen nur sehr eingeschränkt auf dem Platz mit Novak Djokovic arbeiten kann, ließ sich Edberg nicht lange bitten.
Am Montag begnügte er sich kurz nach seiner Ankunft noch mit der Rolle des Beobachters und Ratgebers. Doch am Dienstag griff er selbst zum Schläger und spielte Federer vor dessen Erstrundenspiel gegen den australischen Wildcard-Inhaber James Duckworth ein.
Während der Partie saß der 47-Jährige cool im Hemd und mit Sonnenbrille auf der Tribüne der Rod Laver Arena. Keine Frage, Edberg und der auf dem Court stets bestens gekleidete Federer sind das eleganteste Duo auf der Tennis-Tour. „Es war großartig, vor ihm zu spielen. Stefan war immer mein Idol, für mich ist ein Traum wahr geworden“, sagte der Schweizer nach seinem ungefährdeten 6:4, 6:4, 6:2 gegen Duckworth.
Nach einer für ihn enttäuschenden Saison mit nur einem Titel im westfälischen Halle war Federer im Herbst auf der Suche nach etwas Neuem. Dass er dann die Nummer von Edberg wählte, traf auch den Schweden unvorbereitet. „Es war eine große Überraschung“, erzählte der Skandinavier, „es ist für mich sogar noch immer eine Überraschung, dass ich überhaupt hier bin.“
Denn nach seinem Rücktritt 1996 hatte sich der Familienvater erst einmal aus dem Tennis-Geschäft zurückgezogen. Zwar trat er zuletzt wieder häufiger in Showkämpfen in Erscheinung, doch geplant war eine aktive Rückkehr auf die Tour eigentlich nicht. Zu wohl fühlt sich der Geschäftsmann in der schwedischen Heimat.
Auch deshalb wird er Federer vorerst nur für zehn Wochen im Jahr begleiten, die meiste Zeit arbeitet der Rekord-Grand-Slam-Champion weiter mit seinem bisherigen Coach Severin Lüthi zusammen. Doch die Aufgabe, einem nahezu perfekten Spieler wie Federer, der alles erreicht hat, zu helfen, hatte für Edberg dann doch seinen Reiz.
„Es gibt immer ein paar Kleinigkeiten, an denen du arbeiten kannst“, sagte er. „Darum mache ich es, weil ich denke, dass ich in der Tat ein klein wenig den Unterschied ausmachen kann, der Roger dann vielleicht dahin zurückbringt, wo er einmal war.“
Dass er in Melbourne und in den kommenden Monaten in Boris Becker und Ivan Lendl immer wieder Rivalen aus seiner aktiven Zeit begegnen wird, freut ihn. Konkurrieren werde man als Coach aber nicht miteinander. „Wenn ich mich mit Boris messe, dann auf dem Platz. Und da habe ich, denke ich, ganz gute Chancen“, sagte Edberg mit einem jugendlichen Lachen. Für einen Moment schien die Zeit in der Tat stehengeblieben zu sein.