Federer genießt und blickt voraus: „Olympia-Gold“

London (dpa) - Von wegen Auslaufmodell! Mit dem fünften WM-Titel seiner großartigen Karriere hat Roger Federer ein für ihn eher durchwachsenes Jahr eindrucksvoll abgeschlossen.

Zugleich gab er der Konkurrenz für die Zukunft eine Warnung mit auf den Weg. „Ich habe keinerlei Pläne, meine Karriere zu beenden“, sagte der Schweizer nach seinem 6:3, 3:6, 6:1 im Traumfinale der World Tour Finals in London gegen den Weltranglisten-Ersten Rafael Nadal. „Ich bin überzeugt davon, dass ich auch 2011 eine großartige Saison haben werde.“

Mit seinem Erfolg in England zog Federer in der Bestenliste des „weißen Sports“ mit Pete Sampras und Ivan Lendl gleich, die das Saisonfinale ebenfalls fünfmal gewannen. In eineinhalb Jahren will sich der 29-Jährige in der Stadt seines Lieblingsturniers Wimbledon den nächsten großen Wunsch erfüllen. „Es ist immer ein Traum für mich gewesen, für mein Land zu spielen und olympisches Gold zu gewinnen“, sagte der 16-malige Grand-Slam-Turnier-Gewinner mit Blick auf die Sommerspiele 2012 in London.

Selbst einen Start bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 wollte der dann 35-Jährige im Überschwang der Gefühle nicht ausschließen. „Ich habe so tolle Erinnerungen an Olympia. Warum nicht?“. Federer hatte 2000 in Sydney seine Frau Mirka kennengelernt und 2008 in Peking zusammen mit seinem Landsmann Stanislas Wawrinka Gold im Doppel gewonnen.

Zunächst genoss Federer aber seinen sechsten Turniersieg des Jahres in vollen Zügen. Nach dem Matchball gegen den von ihn hoch geschätzten Dauerrivalen Nadal ballte der Weltranglisten-Zweite die Fäuste und ließ sich von den 17 500 Zuschauern in der Londoner O2 Arena feiern. „Ich bin total begeistert, wie ich die gesamte Woche über gespielt habe. Es ist toll, solch ein prestigeträchtiges Turnier erneut gewonnen zu haben“, sagte der viermalige Weltsportler des Jahres.

Nach dem Sieg bei den Australian Open zu Beginn des Jahres war der Triumph bei der WM sein zweiter großer Erfolg in diesem Jahr. Dazwischen lagen allerdings auch einige ungewöhnliche Rückschläge für den Gentleman der Tennisszene. Sein Traum vom Sieg bei den French Open platzte auf der roten Asche von Paris bereits im Viertelfinale, nachdem er zuvor bei Grand-Slam-Turnieren 23 Mal in Serie im Halbfinale gestanden hatte. Auch in Wimbledon war für Federer schon in der Runde der besten Acht Schluss, zahlreiche Experten schrieben ihn nach dem Abrutschen auf Platz drei der Weltrangliste bereits ab.

Doch Federer zeigte Kämpferherz und spielte zum Ende des Jahres sein bestes Tennis. Nach Siegen in Basel und Stockholm folgte nun der traumhafte Jahresabschluss in London. „Ich hatte eine gute Saison. Natürlich musste ich auch einige bittere Niederlagen einstecken, aber du gewinnst bei dieser starken Konkurrenz nicht einfach jedes Turnier“, bilanzierte Federer zufrieden.

Der dieses Mal unterlegene Nadal hatte an der Niederlage zwar sichtlich zu knabbern, dennoch zog auch der Branchenprimus ein zufriedenes Saison-Fazit. „Es war ein sehr emotionales Jahr“, sagte der Spanier, der die French Open, Wimbledon und die US Open gewann und damit seinen persönlichen Karriere-Grand-Slam perfekt machte. Nur der WM-Titel fehlt dem 24 Jahre alten Kraftpaket noch. Er stand aber immerhin diesmal erstmals im Finale. „Mein Ziel ist es, im nächsten Jahr wieder genauso gut zu spielen wie in diesem“, sagte Nadal. Für die Konkurrenz klang das ähnlich warnend wie die Zukunftsplanungen von Federer.