Frau trainiert Mann: Murray setzte auf Mauresmo
Paris (dpa) - Frau trainiert Mann: Mit dem Engagement der früheren Weltranglisten-Ersten Amélie Mauresmo hat sich Wimbledonsieger Andy Murray etwas Neues getraut und eine Geschlechter-Debatte im Tennis ausgelöst.
Die Französin tritt zunächst für die nun beginnende kurze Rasensaison die Nachfolge von niemand Geringerem als Ivan Lendl an. Zwar ließ sich der Schotte lange von seiner Mutter Judy betreuen, doch eine von außen stammende Frau hat bisher noch nie einen Top-Profi von Murrays Kaliber gecoacht.
„Das ist jetzt nicht meine Sorge. Für mich ist es nur interessant, ihm zu helfen. Der Rest ist eine Geschichte zum Schreiben“, sagte Mauresmo in Paris. Murray sei vor einigen Wochen an sie herangetreten. „Das war ein bisschen eine Überraschung, um ehrlich zu sein. Mit so etwas habe ich nicht unbedingt gerechnet, als ich aufgehört habe, Tennis zu spielen. Es ist eine Herausforderung. Ich liebe Herausforderungen“, unterstrich sie.
Der Olympiasieger und einstige US-Open-Champion solle weitere Grand Slams gewinnen, betonte die jetzige französische Fed-Cup-Teamchefin und TV-Expertin. Die 34-Jährige hatte zu ihrer aktiven Zeit bei den Australian Open und in Wimbledon triumphiert, im Vorjahr führte sie Marion Bartoli zum Sieg auf Londons Rasen gegen Sabine Lisicki.
„Jeder, den ich kenne, spricht in den höchsten Tönen von ihr“, erklärte Murray. „Ich freue mich auf die Möglichkeiten der neuen Partnerschaft. Ich habe immer zu Amélie aufgeschaut und sie bewundert.“ Sein einstiger Erfolgstrainer Lendl meinte vor Bekanntwerden des Schritts salomonisch, generell spreche nichts dagegen, dass Herrenspieler einen weiblichen Trainer hätten. „Es kommt eben ganz auf die Personen an“, meinte Lendl in Halle.
Ob und wie Mauresmo Murray helfen kann, darüber rätseln die Experten noch. Die frühere Weltranglisten-Erste Ana Ivanovic ist vom Erfolg überzeugt. „Es ist toll und verhilft dem Tennis in eine neue Richtung. Ich weiß, dass es ein bisschen unorthodox ist. Es zeigt, dass wir so stark wie die Männer sein können“, sagte die Serbin einem Bericht der britischen BBC zufolge. „Jeder ist gespannt darauf, wie sich das auswirkt“, rätselte die frühere US-Open-Siegerin Samantha Stosur aus Australien. Der frühere US-Star und Fernsehkommentator Jim Courier verwies darauf, dass Murray es durch seine Mutter gewohnt sei, von beiden Geschlechtern Ratschläge zu bekommen.
Martina Navratilova hatte schon vor Tagen festgestellt, dass Tennisbälle keinen Unterschied zwischen Mann und Frau kennen. Idol Billie Jean King - eine Vorkämpferin der Gleichberechtigung im Tennis - verwies darauf, dass Frauen bereits früher Männer trainiert hätten.
„Nicht das Geschlecht ist wichtig. Die Stärke der Beziehung zwischen Coach und Spieler lässt die Partnerschaft funktionieren“, sagte die Amerikanerin. Ex-Wimbledon-Champion Pat Cash hält dies zwischen Murray und Mauresmo für möglich, fragte sich jedoch: „Ich weiß nicht, wie sie in die Kabine kommen wird. Ich denke, dass einige Augenbrauen hochgezogen werden.“ Wohl kein Problem für die Französin: Mauresmo lebt offen homosexuell.