„Genie“ Bouchard vor dem ersten Grand-Slam-Titel
London (dpa) - Nur ein Thema brachte Wimbledon-Finalistin Eugenie Bouchard aus dem Konzept. Als die 20 Jahre alte Kanadierin auf Justin Bieber angesprochen wurde, ging sie aus sich heraus und lachte befreit.
Zu gern würde sie den Popstar und Mädchenschwarm aus ihrer Heimat einmal treffen.
Sie hoffe doch, dass der Sänger schon von ihr Notiz genommen habe. „Ich stecke so viel harte Arbeit da rein. Ich möchte, dass diese harte Arbeit belohnt wird“, erzählte die junge Tennisspielerin schmunzelnd. Von nichts anderem außer ihrem Faible für Bieber schien sich Bouchard, die von vielen nur „Genie“ genannt wird, beeindrucken zu lassen. Zum ersten Mal überhaupt steht sie auf dem „heiligen Rasen“ von Wimbledon im Endspiel eines Grand-Slam-Turniers. Es ist erst ihre sechste Teilnahme an einem der vier wichtigsten Tennis-Veranstaltungen der Welt.
Wer eine junge Frau erwartet hatte, die nun durchdreht, der sah sich getäuscht. Eher kühl, ohne große Emotionen, abgeklärt - so nahm die Nordamerikanerin ihren Halbfinalsieg über die Nummer drei der Tennis-Welt, Simona Halep, hin. Höchstleistungen sind ihr Anspruch an sich selbst. „Es ist keine Überraschung für mich“, sagte Bouchard, die an diesem Samstag (15.00 Uhr) im Wimbledon-Finale auf die Tschechin Petra Kvitova trifft. „Ich bin noch nicht fertig“ fügte sie an. „Ich warte auf einen großen Moment, um auszuflippen.“
Doch auch wenn Bouchard mit großem Selbstvertrauen auf den Centre Court an der Church Road geht, einfach wird die Aufgabe gegen die Weltranglisten-Sechste nicht. Für die vier Jahre ältere Tschechin ist es das zweite Endspiel in London, das Major-Turnier auf Rasen liegt ihr besonders gut. 2011 holte sie hier ihren bislang einzigen Grand-Slam-Titel.
Bouchard marschiert professionell, unbekümmert und erstaunlich erwachsen seit einigen Monaten über die Tennis-Bühnen der Welt und in den vergangenen Tagen durch das Wimbledon-Turnier. Auf dem Platz beeindruckt sie ihre Gegnerinnen mit forschem, aggressivem Spiel. Einmal erschien sie in einem Kimono vor Journalisten, es war ein Geschenk vom japanischen Fernsehen. Alles ist ausgerichtet auf eine imposante Karriere. Und der Erfolg gibt ihr recht.
Auch bei den Australian Open und den French Open erreichte sie die Runde der besten Vier, seit fünf Jahren hatte keine Tennisspielerin mehr die Halbfinals bei den ersten drei Majors des Jahres erreicht. Sie werde sicher bald ganz oben stehen, sagte die Rumänin Halep, selbst eine der dominantesten und konstantesten Protagonistinnen der Branche. Final-Gegnerin Kvitova meinte: „Sie ist sehr selbstbewusst in ihrem Spiel momentan.“
Manchmal wird Bouchard als eine jüngere Version von Maria Scharapowa beschrieben, die sich ebenfalls sehr auf das Wesentliche konzentriert und sich der Professionalität verschrieben hat. „Ich will nicht der Nächste von jemandem sein. Ich will eine eigene Person sein“, erklärte die Junioren-Wimbledonsiegerin von 2012 überzeugt. „Ich will meine eigene Geschichte machen.“ Ihre Tennis-Geschichte begann in ihrem fünften Lebensjahr. Später trainiere sie in einer Tennis-Akademie in Florida.
In Wimbledon sorgt auch ihr Name für Faszination. „Genie“ Bouchard ist benannt nach Prinzessin Eugenie, weil ihre Mutter ein Faible für die königliche Familie hat. „Nun kann die Nation Prinzessin Genie anfeuern“, titelte der „The Daily Telegraph“. Der britische Hoffnungsträger Andy Murray war im Halbfinale nicht mehr dabei. Bouchards wachsende Fangemeinde wird die „Genie Army“ genannt. Als Besucherin in der Royal Box würde sie sich die Prinzessin wünschen. „Es wäre unglaublich jemanden zu treffen, nach dem man benannt ist“, sagte die 20-Jährige.