Görges einzige Deutsche im Achtelfinale von Melbourne
Melbourne (dpa) - Vor ihrem ersten Grand-Slam-Achtelfinale seit zwei Jahren musste Julia Görges noch einen wichtigen Termin wahrnehmen. Am Abend des Drittrunden-Sieges bei ihrem Lieblingsturnier stand die Hochzeit ihres Physiotrainers Damian an.
„Er heiratet heute Abend um sechs, da geht es rund“, sagte die 26-Jährige aus Bad Oldesloe und scherzte, dass sie „sehr zufrieden mit dem Spielplan“ gewesen sei. Lange sah man die einstige Nummer 15 der Welt nicht mehr so fröhlich-heiter wie nach ihrem 7:6 (8:6), 7:5 gegen die tschechische Qualifikantin Lucie Hradecka. Nach schier endlos scheinenden Monaten mit Erstrunden-Niederlagen und Verletzungs-Rückschlägen hat es Görges als einzige von anfangs neun deutschen Tennisspielerinnen bei den Australian Open in die Runde der besten 16 geschafft.
„Vom Weg, den ich zurücklegen musste und der Art und Weise, wie ich es geschafft habe, hat das jetzt schon eine andere Bedeutung“, sagte Görges über ihr drittes Melbourne-Achtelfinale nach 2012 und 2013. Dort trifft sie am Sonntag auf die an Nummer zehn gesetzte Russin Jekaterina Makarowa. „Ich muss mein bestes Tennis spielen, um sie zu schlagen. Aber ich kann aus meinen drei Siegen großes Selbstvertrauen mitnehmen und bin spielerisch in der Lage, sie zu schlagen. Dann werden wir sehen, was dabei rauskommt“, sagte Görges selbstbewusst.
Genau dieser Glaube an sich selbst hat ihr in den vergangenen zwei Jahren gefehlt. Seit ihrer Niederlage gegen die spätere Finalistin Li Na vor zwei Jahren ging es bergab für die 1,80 Meter große Schleswig-Holsteinerin. 2013 bezeichnete Görges als „Seuchenjahr“, nach einem Kapselanriss im Handgelenk und 16 Auftakt-Niederlagen stürzte sie bis auf Platz 94 im Ranking ab.
Auch 2014 lief es nicht wie gewünscht und erhofft. Als vor ihrem Match gegen Hradecka die Erfolge der Deutschen auf der elektronischen Anzeigetafel in der Rod-Laver-Arena eingespielt wurden, stand dort: Halbfinale Québec City und Pattaya City, Viertelfinale Straßburg. Dass sie 2011 mit dem Titel in Stuttgart den größten Erfolg ihrer Karriere gefeiert hatte, wirkte wie ein Relikt der Vergangenheit.
Doch Görges hat sich nicht verunsichern lassen, war schon am 18. Dezember mit ihrem Trainer Sascha Nensel nach Australien geflogen und hat im Melbourne Park trainiert. Anfang des Jahres flog sie nach Auckland, wo sie erst im Viertelfinale an der Dänin Caroline Wozniacki scheiterte. „Ich habe in der Pause gut gearbeitet und bin wieder auf dem richtigen Weg“, sagte Görges in ihrer Pressekonferenz auf Englisch, weil sich plötzlich auch wieder die internationalen Berichterstatter für die letzte Deutsche im Feld interessierten.
Die junge Hamburgerin Carina Witthöft nämlich verpasste eine weitere Überraschung und schied nach einer 4:6, 4:6-Niederlage gegen die Rumänin Irina-Camelia Begu in der dritten Runde aus.
Görges dagegen freute sich nicht nur über ihren Sieg und auf die Hochzeit. Mit ihrem nervenstarken Auftritt in der Rod-Laver-Arena hat sie es jetzt in Paris, Wimbledon und New York mindestens einmal auf den Center Court geschafft. „Ich war selber überrascht, dass ich auf dem Center spielen durfte“, sagte Görges und war froh, dass sie das erste Spiel des Tages bereits um kurz vor 13 Uhr (Ortszeit) beenden konnte - schließlich hatte sie abends ja noch was Wichtiges vor.