Haas vor Wimbledon-Start gelassen, Kerber ohne Angst

London (dpa) - Selbst die ehrwürdige „New York Times“ widmete Deutschlands Star Tommy Haas vor dem berühmtesten Tennisturnier der Welt eine mehrspaltige Story.

„Während die Rivalen kommen und gehen, hält Tommy Haas noch immer Hof“, schrieb die Zeitung wenige Tage vor Beginn der Rasenfestspiele im Londoner Stadtteil Wimbledon. „Während so viele weitergezogen sind, setzt Haas auch im Alter von 35 Jahren noch immer seine Kappe verkehrt herum auf den Kopf und misst sich mit den Besten.“

Wenn am Montag die ersten der 19 deutschen Profis das dritte Grand-Slam-Turnier des Jahres eröffnen, darf Haas vor seinem 14. Wimbledon-Gastspiel noch einmal entspannt durch den All England Lawn Tennis Club schlendern und die ganz spezielle Atmosphäre rund um die gepflegten Rasenplätze aufsaugen.

„Wimbledon 2013, an Platz 13 gesetzt - ich mag diese Zahlen“, sagte Haas vor seiner Erstrunden-Aufgabe am Dienstag gegen den Russen Dmitri Tursunow. „Es ist etwas ganz Besonderes, noch einmal Teil dieses Wimbledon zu sein“, betonte der gebürtige Hamburger, der die 13 seine Glückszahl nennt. Im Hauptfeld der 93. All England Championships stehen elf deutsche Herren und acht Damen, im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung scheint einzig Haas zu stehen.

Dabei ist Philipp Kohlschreiber an der Church Road an Nummer 16 gesetzt und schaffte es 2012 (unter anderem nach einem Sieg gegen Haas) ins Viertelfinale. Dabei feiert Bastian Knittel im reifen Alter von 29 Jahren sein Grand-Slam-Debüt. Dabei will auch Florian Mayer, vor einem Jahr in der Runde der besten Acht, mal wieder aufhorchen lassen. Der erste nicht-gesetzte Spieler hatte jedoch das denkbar größte Lospech und trifft am Montag auf den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic. Nicht minder bitter traf es Benjamin Becker mit Olympiasieger und US-Open-Champion Andy Murray, der großen Hoffnung der Briten.

Und bei den deutschen Damen? Waren die jüngsten Leistungen so unbeständig wie das englische Wetter. Die deutsche Nummer eins Angelique Kerber bekommt es gleich zum Auftakt mit der unangenehmen Bethanie Mattek-Sands aus den USA zu tun, gegen die sie noch nie gewonnen hat. Kerbers Generalprobe auf dem grünen Spielbelag in Eastbourne ging zudem mit dem Achtelfinal-Aus eher daneben.

Das Halbfinale wie 2012 wäre schon deshalb eine Überraschung, weil in der Runde zuvor die alle(s) dominierende Serena Williams warten würde. Der mögliche Verlust vieler Ranglistenpunkte bereitet der 25 Jahre alten Kielerin aber keine Pein. „Angst habe ich davor nicht. Darauf sollte man eh nicht schauen“, sagte Kerber der „Bild“-Zeitung und betonte: „Wie immer möchte ich mit Lockerheit und Spaß an die Sache herangehen, dann kommt der Rest schon von alleine. Das Erreichen der zweiten Woche ist aber schon das Ziel.“

Auch Sabine Lisicki, Mona Barthel, Julia Görges, Annika Beck oder Andrea Petkovic wollen noch nicht vor dem traditionell spielfreien mittleren Sonntag wieder heimreisen. Lisicki spielt auf ihrem Lieblingsbelag zunächst gegen die Italienerin Francesca Schiavone und dürfte sich im Achtelfinale mit Serena Williams messen. Bei der zuletzt wiedererstarkten Andrea Petkovic (in Runde eins gegen die Französin Pauline Parmentier) muss man abwarten, wie ihr der Wechsel von Sand auf den bisher fast schon verhassten Rasen gelingt.

Haas hatte damit keine Probleme. Nach seinem ersten Viertelfinale bei den French Open scheiterte er in Halle erst im Halbfinale an Roger Federer. Jetzt hat er noch eine Bitte. „In der letzten Zeit wurde ich sehr oft daran erinnert, wie alt ich bin“, sagte er „Sonntag aktuell“. „Und ganz ehrlich: Das muss nicht immer sein.“