Jubeltaumel in Serbien - Djokovic ein Held
Belgrad (dpa) - Der Wimbledon-Sieg von Novak Djokovic spendet reichlich Balsam für die geschundenen Seelen seiner serbischen Landsleute. Denn Serbien war stets ein Garant für weltweit negative Schlagzeilen.
Bürgerkriege, organisierte Kriminalität und zuletzt der ans UN-Tribunal in Den Haag ausgelieferte mutmaßliche Kriegsverbrecher Ratko Mladic sind die beherrschenden Themen. Umso mehr darf nach dem Erfolg des 24-jährigen Tennis-Überfliegers gejubelt werden.
Zehntausende Serben haben Djokovic in Belgrad einen triumphalen Empfang bereitet. Der 24-Jährige fuhr mit einem offenen Bus vom Flughafen ins Zentrum, wo schätzungsweise 60 000 Menschen vor dem Parlament auf ihn warteten. Sie schwenkten serbische Fahnen und Transparente mit Aufschriften wie „Bravo!“. Innerhalb weniger Stunden war vor der Volksvertretung eine Großbühne aufgebaut worden, auf der sich die neue Nummer eins des Herrentennis feiern lassen wollte.
Seine Landsleute überschlagen sich als Dank mit wahren Lobeshymnen. Er habe eine „Königsrhapsodie“ gespielt, dichtete die Zeitung „Sport“ und schrieb auf die Titelseite nur ein Wort „Hvala!“ (Danke). Die serbischen Zeitungen sehen in ihrem berühmten Landsmann den „Diamanten und den Herzog von Wimbledon“ („Sportski zurnal“). „Ein Serbe hat gesiegt“, textete die Boulevardzeitung „Kurir“.
Die Zeitung „Press“ schrieb über die neue Nummer 1 des Herren-Tennis: „Er hat den Planeten bezwungen“. Der berühmteste Karikaturist des Landes (Corax) malte auf den Sondertitel der Zeitung „Danas“ einen alles überragenden Djokovic auf einem Stuhl. Um ihn herum wieseln die bekanntesten Politiker des Landes: Sie bringen ihm mit devoter Pose das Handtuch, neue Bälle oder eine Erfrischung. Ganz oben steht auf einem Riesenpodest der kleine Staatschef Boris Tadic, der den Champion mit einem Schirm vor der Sonne schützt.
Tadic bot im ersten Überschwang Djokovic sogar das Amt des Staatspräsidenten an. „Ich würde sofort zustimmen, dass Djokovic Präsident wird. Ich kann es kaum erwarten, einem so Erfolgreichen die Arbeit zu überlassen“, zitierten die Medien am Montag den Präsidenten. „Ich weiß nicht, wie ich Novak für alles danken soll, was er für Serbien, für uns und unser Volk getan hat“.
Während des Endspiels waren die serbischen Städte und Gemeinden wie ausgestorben. Die Nation fieberte an den Bildschirmen mit „unserem Nole“ mit. Der dann ausgebrochene Jubel mit Autokorsos, Fahnen, Feuerwerk und jede Menge Alkohol sei nur mit „Nolemanie“ zu beschreiben, heißt es in den Medien am Montag. Die wenigen Kritiker, die darauf verwiesen, dass Djokovic nichts für Serbien tue, weil er in Monaco seine Steuern zahlen, wurden als Miesepeter abgetan.