Kerber im US-Open-Traum - Halbfinale erst Samstag

New York (dpa) - Auf die größte Tennis-Bühne der Welt muss Angelique Kerber bei ihrer Samstagabend-Show verzichten, der sensationelle Einzug ins US-Open-Finale winkt aber immer noch.

Kerber wurde für ihr Halbfinale am Samstag gegen die Australierin Samantha Stosur auf den 6100 Zuschauer fassenden Grandstand abgeschoben. Kerber will sich ihren amerikanischen Traum von der enttäuschenden Ansetzung aber nicht kaputt machen lassen. „Ich bin letzte Nacht um drei Uhr aufgewacht und habe mich gefragt: Ist das ein Traum?“, verriet Kerber lächelnd nach dem 6:4, 4:6, 6:3 im Viertelfinale über die Italienerin Flavia Pennetta.

Gegnerin Stosur, immerhin French-Open-Finalistin von 2010, geht es nicht anders als den meisten Experten und Fans: Niemand kennt so recht die erste Deutsche unter den letzten Vier seit Steffi Grafs letztem Semifinale in Flushing Meadows vor 15 Jahren. „Ich weiß nicht viel über Kerber, außer dass sie Linkshänderin ist. Das ist alles. Wir haben niemals gegeneinander gespielt oder miteinander trainiert“, gab Stosur zu.

Und gerechnet hatten alle eher mit Andrea Petkovic oder Sabine Lisicki. Doch Petkovic verpasste beim 1:6, 6:7 (5:7) gegen die Weltranglisten-Erste Caroline Wozniacki auch im dritten Anlauf in diesem Jahr ihr erstes Grand-Slam-Halbfinale, für Lisicki war bereits im Achtelfinale Schluss. So bescherte eine bislang Unbekannte dem wiedererstarkten deutschen Damen-Tennis den nächsten Riesenerfolg.

Steffi Graf kürte Serena Williams zu ihrer Turnierfavoritin, als sie ein Tennis-Trainingslager für Kinder im Stadtteil Harlem besuchte. Vor der „Gräfin“ stand als einzige Deutsche während der Profi-Ära nur Helga Masthoff 1973 im US-Open-Halbfinale. Kerber hat es bei den Grand Slams bisher nicht annähernd so weit geschafft. Die dritten Runden 2010 bei den Australian Open und in Wimbledon waren die besten Resultate der Nummer 92 der Tennis-Welt.

Und nun dieser Durchbruch. „Mein Ziel war, in die zweite oder dritte Runde zu kommen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, sagte Kerber perplex. Beim 4:2 im zweiten Satz war der Sieg über Pennetta schon nah, dann wurde Kerber nervös. Umso erstaunlicher, dass sie angesichts eines drohenden 0:3-Rückstandes im dritten Satz die Wende schaffte.

„Ich war mit meinen Gedanken woanders und habe mich gar nicht mehr auf mein Spiel konzentriert. Als der Matchball verwandelt war, habe ich es nicht geglaubt. Ich kann es immer noch nicht glauben“, sagte die 23-Jährige mit der druckvollen Vorhand. Nur Minuten nach der Partie quoll ihr Handy vor Glückwünschen über, obwohl es in Deutschland fast schon Mitternacht war.

Auch Petkovic freute sich, auch wenn sie nach dem Aus mit ihrer Enttäuschung zu kämpfen hatte. „Super, ich habe es ja vorausgesagt. Ich mag Angelique sehr, ich glaube, dass es auch für uns andere sehr wichtig ist“, sagte Petkovic, prophezeite aber ein schweres Halbfinale gegen Stosur: „Sie spielt wie ein Mann.“ Kerber sieht das entspannt: „Ich werde rausgehen und es genießen. Ich habe nichts mehr zu verlieren“, erklärte die stets freundliche Blondine, die aufgrund gemeinsamer polnischer Wurzeln gut mit Wozniacki befreundet ist.

Die Dänin und auch Petkovic hatten Kerber immer wieder gesagt, dass ihr zur Spitze nicht viel fehle. Die harten Trainingswochen mit Petkovic in der Akademie von Rainer Schüttler und Alexander Waske machten sich schon beim Vorbereitungsturnier in Dallas bezahlt, dort kam Kerber als Qualifikantin ins Halbfinale. Bei den US Open beschert ihr diese Runde mit 450 000 Dollar das bei weitem höchste Preisgeld der Karriere. „Da schaue ich nicht drauf. Ich will das auch gar nicht wissen“, sagte Kerber, die sich in der Weltrangliste etwa auf Rang 35 verbessern dürfte.

Noch weiter nach oben ginge es, sollte der Schritt ins Endspiel gelingen, das auf Sonntag verschoben wurde, weil das Herren-Finale das vierte Jahr nacheinander erst am Montag ausgetragen wird. So bleiben einem Finalisten vier Spiele binnen vier Tagen erspart.