Li Na erste Chinesin im US-Open-Halbfinale
New York (dpa) - Im Bett mit einer Tüte Chips in der Hand wollte sich Li Na vor ihrem ersten US-Open-Halbfinale auf die furchteinflößende Serena Williams einstimmen.
Als erste chinesische Tennisspielerin steht die 31-Jährige bei dem Grand-Slam-Turnier in New York in der Runde der besten Vier - und fordert am Freitag die viermalige Siegerin und dominierende Weltranglisten-Erste heraus.
„Natürlich ist sie eine schwierige Gegnerin, es ist eine große Herausforderung, gegen sie zu spielen. Aber ich glaube schon, dass ich eine Chance habe“, sagte Li Na nach ihrem Viertelfinal-Erfolg gegen die Russin Jekaterina Makarowa trotz der bisher beängstigenden Bilanz von nur einem Sieg und acht Niederlagen gegen Williams.
Wieder einmal hat die 1,72 Meter große Athletin aus Wuhan etwas für die sportlichen Geschichtsschreiber ihres Heimatlandes getan. Erste chinesische Grand-Slam-Turniergewinnerin ist sie schon seit ihrem Titel bei den French Open 2011. Erste Chinesin im Endspiel eines Majors war sie 2011 bei den Australian Open. Und jetzt also erste Repräsentantin des Riesenreiches im Halbfinale von New York.
„Li Na hat ihr bestes Ergebnis im US-Tennis erreicht und ist die erste Chinesin, die es unter die Top-4 in den Vereinigten Staaten geschafft hat“, protokollierte stolz die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua. „Ich war vor allem stolz auf mich“, sagte Li Na.
Im Flushing Meadows Corona Park spielt Li Na das 30. Grand-Slam-Turnier ihrer Karriere. Längst hat sich die Nummer fünf der Setzliste in der Weltspitze etabliert und nötigt auch Williams Respekt ab. „„Sie spielt zur Zeit wohl das beste Tennis ihrer Karriere, es wird hart gegen sie“, sagte die 31-Jährige nach ihrem 6:0, 6:0-Erfolg gegen Carla Suárez Navarro aus Spanien.
„Das Match werde ich mir auf meinem Bett mit ein paar Chips anschauen“, hatte Li Na angekündigt. Was sie gesehen hat, müsste ihr eigentlich Angst einflößen. Nur 52 Minuten brauchte Serena Williams, um ihrer Gegnerin an deren 25. Geburtstag die Höchststrafe zu verpassen - was im Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers bislang erst einmal passierte, als Martina Navratilova 1989 bei den US Open die Bulgarin Manuela Malejewa mit diesem Ergebnis bezwang.
Doch die für ihre unterhaltsamen Pressekonferenzen und frechen Sprüche geschätzte Chinesin hat sich für das zehnte Duell mit Williams ihre eigene Taktik zurechtgelegt. „Wenn du nur daran denkst, was die Gegnerin macht, hast du schon verloren, bevor du den Platz betrittst. Im Tennis musst du selber wissen, was du auf dem Court zu tun hast“, sagte die Weltranglisten-Sechste.
Seit ihrem Paris-Triumph vor zwei Jahren wird sie in ihrer Heimat verehrt wie zuvor nur Superstars wie Yao Ming (Basketball-Profi), Liu Xiang (Olympiasieger über 110 Meter Hürden) und Ding Junhui (Snooker-Ikone). Als nur eine von drei Tennisspielerinnen wird sie in der Forbes-Liste der 100 reichsten Sportler der Welt geführt. Das „Time“-Magazin zählte sie jüngst auf ihrem Cover zu den einflussreichsten Personen der Welt.
Dabei hatte Li Na ihre Karriere 2002 schon einmal beendet, weil sie aufgrund ihrer niedrigen Ranglisten-Position nur bei bedeutungslosen Challenger-Turnieren spielen konnte und die Lust am Sport verlor. Stattdessen begann sie an der Central China University of Technology in ihrer Heimatstadt Wuhan ein Kommunikationsstudium.
„Ich habe diese zwei Jahre gebraucht“, sagte sie, als sie nach dem Sieg gegen Makarowa Bonbon-lutschend vor der Presse saß und mit ihren dunkel-lackierten Fingernägeln am Mikrofon spielte. 2004 kehrte sie auf die Tour zurück, emanzipierte sich 2008 von ihrem Verband und arbeitete sich in die Weltspitze. Ob es aber gegen Serena reichen wird? Ob es was wird mit dem ersten US-Open-Finale einer Chinesin? „Ich versuche immer, die Erste zu sein“, sagte Li Na.