Lisickis Wimbledon-Geschichte geht weiter
London (dpa) - Sabine Lisicki kniete nach dem Matchball auf dem „heiligen Rasen“, ihr Vater Richard sprang auf der Tribüne applaudierend in die Höhe: Die wundersame Wimbledon-Geschichte der Berlinerin geht weiter.
Ohne zu glänzen, aber mit einer kämpferischen Einstellung hat die letztjährige Finalistin beim Grand-Slam-Tennisturnier im Südwesten Londons ihren Siegeszug fortgesetzt. Die 24-Jährige gewann 6:3, 3:6, 6:4 gegen die Kasachin Jaroslawa Schwedowa und ist bei ihrer sechsten Teilnahme zum fünften Mal in das Viertelfinale eingezogen.
Dort wartet auf die deutsche Powerfrau die rumänische French-Open-Finalistin Simona Halep. „Ich denke nicht an das Spiel morgen“, sagte Lisicki. „Heute hatte ich auch Glück. Sie hat mir ein paar Geschenke gegeben bei meinen Aufschlägen. Ich habe mich durchgebissen“, kommentierte die Deutsche das Geschehen gegen Schwedowa.
Wenn das Turnier im All England Lawn Club ansteht, scheint es für Lisicki fast egal zu sein, welche verletzungsreichen und erfolgsarmen Monate sie hinter sich hat. Am Dienstagmittag war die Partie zerfahren, die Deutsche leistete sich speziell bei ihrem oft gewinnbringenden Aufschlag Schwächen. 20 Doppelfehler listete die Statistik am Ende auf - und trotzdem überstand sie das Match.
Um 11.34 Uhr Londoner Zeit betrat Lisicki mit Kopfhörern als Erste den Court drei. „Natürlich bringt es einem wieder Selbstvertrauen, und das muss man mitnehmen“, hatte Lisicki nach ihrem nervenaufreibenden Drittrundensieg gegen die Serbin Ana Ivanovic gesagt. Das Gefühl von drei Siegen nacheinander hatte sie zuvor monatelang nicht erlebt. Der Start gegen die kasachische Weltranglisten-65. Schwedowa ging trotzdem daneben.
Zwei Doppelfehler, ein Return-Gewinnschlag ihrer Kontrahentin, ein Vorhandfehler - schon war das erste Aufschlag-Spiel weg. Doch Lisicki ließ sich nicht beirren. Immer wieder punktete sie mit ihrer kraftvollen Vorhand. Ihrer Kontrahentin unterliefen im ersten Satz zudem zahlreiche unerklärliche Fehler. Zwei Doppelfehler leistete sie sich in jedem ihrer ersten drei Aufschlag-Spiele, acht insgesamt im ersten Durchgang. Sogar in der Pause imitierte sie ihren Ballwurf.
Beim 3:2 hatte sie drei Breakbälle. Als sie die zweite Chance vergab, rief ein Zuschauer: „I still love you“ - sinnbildlich für das herzliche Verhältnis der Fans im All England Lawn Club zur blonden Berlinerin. Mit einer unerreichbaren Vorhand sicherte sie sich das 4:2. Zwei Spiele später schlug die Weltranglisten-19. zum Satzgewinn auf. Mit einer Stop-Lob-Kombination ärgerte sie Schwedowa, die ihr kurz darauf mit einem weiteren Returnfehler das 6:3 ermöglichte.
Im zweiten Durchgang lief zunächst nicht viel. 0:3 lag Lisicki zurück, ehe sie aufdrehte und ausglich. Nach zwei Assen und drei Doppelfehlern gab sie wenig später ihren Aufschlag zum 3:5 ab. Nach 58 Minuten leuchtete der Satzausgleich auf der Anzeigentafel auf.
Bei 1:1 und Breakball gegen sich nahm Lisicki eine Verletzungspause und wurde im Nacken-und Schulterbereich behandelt. „Ich habe versucht, weiterzumachen, aber ich konnte meinen Arm nicht heben“, erklärte sie später zu dem unglücklichen Zeitpunkt. „Ich hoffe und denke, dass es nur eine Blockade ist.“ Nach der Pause erkämpfte sie sich das 2:1. Mit Fehlern auf beiden Seiten ging es hin und her. Ein Knackpunkt war, als sich Lisicki bei 3:3 trotz 15:40 den Spielgewinn erkämpfte. Nach 1:59 Stunden beklatschen die Zuschauer dann die deutsche Tennis-Lady.