Machtwechsel verschoben: Nadal und Federer zurück
Paris (dpa) - Spanien huldigt seinem Tennis-König Rafael Nadal und der glorreichen Verteidigung des Throns in einem denkwürdigen French-Open-Finale.
„Der Kaiser des Sandplatzes: Nadal steht auf einer Stufe mit Björn Borg“, kommentierte die Zeitung „El Periódico“ den sechsten Paris-Triumph, durch den Nadal den Rekord des Schweden Björn Borg einstellte. „Auf den Mythos Borg folgt der Mythos Nadal“, jubelte „El País“ am Tag nach dem Sieg in einem grandiosen Pariser Endspiel gegen Rivale Roger Federer.
Die zwei Superstars der Branche gehen mit unterschiedlichen Gefühlen, aber voller Selbstvertrauen in die kurze Rasensaison, die in vier Wochen mit dem Wimbledon-Finale den nächsten Höhepunkt parat hat. „Ich kann in Wimbledon jetzt befreit aufspielen - aber nicht mit weniger Ambitionen und Motivation“, meinte Nadal, der mit seinem zehnten Grand-Slam-Titel Platz eins in der Welt verteidigte. „Die French Open sind für mich immer das wichtigste Turnier des Jahres. Wenn ich hier gewinne, kann ich sagen, dass es ein gutes Jahr war“, sagte der Spanier, dem die Erleichterung deutlich anzumerken war.
Von der schon beschworenen Zeitenwende im Tennis, die viele Experten zu Beginn des Jahres nach dem vorzeitigen Aus von Nadal und Federer bei den Australian Open kommen sahen, war unweit des Eiffelturms nichts zu merken. „In Melbourne hatten uns viele bereits abgeschrieben, doch jetzt standen wir beide doch wieder im Finale“, sagte Federer, dem besonders der Halbfinalerfolg gegen Novak Djokovic im einem der besten Spiele der vergangenen Jahre viel Auftrieb gab.
„Natürlich tut eine Final-Niederlage bei einem Grand-Slam-Turnier immer ein bisschen weh“, gestand Federer. „Aber ich habe ein super Gefühl und in Wimbledon Großes vor“, meinte der 29-Jährige. Für Federer fängt die Saison mit den Rasen-Turnieren so richtig an, in London will er mit dem siebten Titel zu Pete Sampras aufschließen. Der am Montag 55 Jahre alt gewordene Borg gewann fünfmal auf dem „Heiligen Rasen“, Nadal bisher 2008 und im Vorjahr.
„Die Rasensaison ist sehr kurz, die muss man genießen. Wimbledon hat für mich immer höchste Priorität. Das ist der Ort, wo 2003 alles begann, und deshalb komme ich immer so gerne dorthin zurück“, sagte Federer. Vor acht Jahren gewann die Nummer drei der Welt in der englischen Hauptstadt seinen ersten von 16 Grand-Slam-Titeln.
Dass es für Coup Nummer 17 nicht reichte, lag an einem Nadal in Topform. Kontinuierlich hatte sich das mallorquinische Kraftpaket in den zwei Wochen von Paris gesteigert, um im vierten French-Open-Endspiel gegen seinen ewigen Rivalen erneut seine beste Leistung abzurufen. „Ich habe mich durchgebissen, und deshalb ist mir dieser Titel ganz besonders viel wert“, meinte der 25-Jährige.
Sichtlich angesäuert von seinen vier Finalniederlagen gegen Djokovic in den vergangenen Monaten war Nadal zu seinem Lieblingsturnier gekommen, lief lange Zeit mit unzufriedener Miene über die Anlage im Bois de Boulogne, die so etwas wie sein Wohnzimmer ist. „Vier Endspiele nacheinander zu verlieren ist nicht einfach“, gestand Nadal. „Deshalb bin ich mit etwas weniger Selbstvertrauen hierhergekommen als in den Jahren zuvor.“ Verlassen hat Nadal Paris aber wieder einmal mit breiter Brust. Das Duell gegen Federer wird auf Rasen weitergehen - mit Djokovic als zusätzlichem Topfavoriten.