Petkovic dreht Partie - Tennis-Damen bleiben erstklassig
Cluj (dpa) - Nach ihrem Wahnsinns-Comeback zum Klassenerhalt im Fed Cup kniete Andrea Petkovic sekundenlang auf dem Hallenboden, küsste den roten Sand und ihren Tennis-Schläger.
Die rund 150 nach Rumänien gereisten deutschen Fans stimmten „Petko, Petko“-Rufe an, Teamchefin Barbara Rittner pustete auf der Bank kräftig durch und wischte sich den Schweiß von den Armen. Um kurz vor halb fünf am Sonntagnachmittag fielen Anspannung und Abstiegsangst ab. Gemeinsam mit Deutschlands neuem Tennis-Liebling Angelique Kerber bewahrte die unermüdliche Kämpferin Petkovic das Nationalteam vor einem großen Image-Schaden.
In einer völlig verrückten Relegationspartie vor 7500 lärmenden und trommelnden Fans in Cluj holte Petkovic den entscheidenden Punkt zum 3:1. Nach einem 0:6 im ersten Satz und der Abwehr zweier Matchbälle rang die deutsche Nummer zwei Monica Niculescu nieder und sicherte ihrem Team durch ein 0:6, 7:6 (7:1), 6:3 den Klassenerhalt. „Ich bin eine stolze (und auch etwas erleichterte) Teamchefin. In 2017 greifen wir wieder voll an“, twitterte Rittner. Die diesmal nicht berücksichtigte Sabine Lisicki schrieb: „Geil gefightet!!“.
Im sportlich bedeutungslosen Doppel gewannen Julia Görges und Annika Beck 6:7 (5:7), 7:6 (7:4), 10:7 gegen Irina-Camelia Begu und Alexandra Dulgheru zum 4:1-Endstand. „Es war eine Achterbahnfahrt. Ich bin froh, dass ich mich durchgekämpft habe“, sagte Petkovic, die während ihrer Pressekonferenz von Krämpfen geplagt wurde. Die Auswahl von Bundestrainerin Barbara Rittner spielt nun auch im kommenden Jahr in der Weltgruppe der besten acht Nationen und kann einen neuen Angriff auf die ersehnte Trophäe in dem Teamwettbewerb starten.
„Ich finde, da gehören wir hin. Das bedeutet sehr viel für das deutsche Tennis“, sagte Petkovic und äußerte die Hoffnung, „dass uns diese Erfahrungen einen Schub geben für die nächsten Jahre“. Nach 2:37 Stunden voller Energie, Adrenalin und Willensstärke verwandelte Petkovic ihren ersten Matchball und holte sich Küsschen und Umarmungen von Rittner und ihren Mannschaftskolleginnen ab.
Australian-Open-Siegerin Kerber hatte mit Siegen gegen Irina-Camelia Begu und Simona Halep für die 2:1-Führung gesorgt. Eigentlich die perfekte Vorlage für Petkovic. Die Hessin hatte zum Auftakt gegen Halep 4:6, 7:6 (7:5), 4:6 verloren, aber energische Gegenwehr geleistet. Doch gegen Niculescu erlebte Petkovic anfangs einen regelrechten Alptraum. Gegen die unorthodoxe Spielweise ihrer Gegnerin fand sie zunächst überhaupt kein Mittel.
Nach der 30-minütigen 0:6-Demütigung vergrub Petkovic ihr Gesicht unter einem Handtuch und musste die nicht enden wollenden M-O-N-I-C-A-Rufe der enthusiastischen, aber immer fairen Fans ertragen. Rittner war als Psychologin gefordert. Sie wechselte ab zwischen aufbauenden Worten und Jetzt-lieber-nichts-sagen.
Der Teamchefin war die Bedeutung des Nervenspiels in der sagenumwobenen Heimat von Graf Dracula bewusst. Wäre das Duell schiefgegangen, hätte die einst Goldene Generation getaufte Auswahl frühestens 2018 wieder um den Titel spielen können.
Petkovic aber stellte sich immer besser auf Niculescus Spiel mit Slice auf Vor- und Rückhand ein. Im zweiten Satz wehrte sie beim Stand von 5:6 zwei Matchbälle ab und rettete sich in den Tiebreak - den sie 7:1 gewann. Wie schon Kerber zuvor ließ sich aber auch Petkovic von der Atmosphäre in der Halle nicht beeindrucken oder gar einschüchtern. Am Ende waren nur noch die deutschen Fans zu hören.