„Pistol Pete“ schiebt heute eine ruhige Kugel
Boston (dpa) - Als Tennis-Profi war er jahrelang unbesiegbar, als Familienvater muss Pete Sampras indes öfter mal Niederlagen einstecken.
„Großartige Kids“, sagt der Amerikaner, wenn er über seine sieben- und neunjährigen Söhne Ryan und Christian spricht. „Aber ich möchte einfach, dass sie ein bisschen besser hören und ihre Hausaufgaben machen, wenn ich es ihnen sage.“
Zehn Jahre nach seinem Karriere-Ende kämpft der einst erfolgreichste Tennis-Spieler der Welt also mit den alltäglichen Herausforderungen des Lebens. Sampras ist mittlerweile 41 Jahre alt. Figur und Fitness stimmen noch, aber die Haare sind noch dünner geworden, als sie es bei seinem Karriere-Ende vor zehn Jahren schon waren. Ansonsten genießt Sampras den Ruhestand, lebt mit seiner Familie in Kalifornien und greift lieber zum Golfschläger (Handicap 3) als zum Tennis-Racquet, mit dem er rund 150 Millionen Dollar verdient hat. „Es ist schön, nicht mehr Tennis zu spielen, aber die Grand Slam-Turniere fehlen mir trotzdem“, meint er.
Das Finale der US Open 2002 gegen Erzrivale Andre Agassi war sein letztes offizielles Match, Sampras gewann in vier Sätzen. Für seinen langjährigen Trainer Paul Annacone fühlt es sich an, „als wäre es gestern gewesen“ und für Sampras war es „ein perfektes Ende“. Dabei wusste nicht einmal er selbst damals, dass er nie wieder den Platz als Profi betreten würde. Bereits in den Jahren zuvor war es ihm schwergefallen, sich immer wieder zu motivieren. Und als Wimbledon 2003 nahte, Sampras aber immer noch nicht wieder dieses Feuer in sich spürte, wusste „Pistol Pete“, das es vorbei ist.
14 Grand-Slam-Siege, davon sieben in Wimbledon, sechs Jahre ununterbrochen die Nummer eins der Weltrangliste: Der Mann aus Maryland verkörperte für viele das Tennis der Neunziger. „Mir ging's immer nur um eines - gewinnen“, so Sampras. Den Amerikanern sind vor allem seine legendären Partien gegen Agassi in Erinnerung geblieben, viele Deutsche denken gerne an so manches Duell mit Boris Becker zurück. „Er ist für Deutschland, was Michael Jordan für die USA ist. Es gibt nur einen König in Deutschland und der heißt Boris“, meinte Sampras einst.
Dass das von Becker und ihm so perfektionierte Serve and Volley-Spiel mittlerweile nahezu ausgestorben ist, findet er äußerst schade, dennoch sei das heutige Herrentennis „großartig.“. Vor allem Partien zwischen Roger Federer und Rafael Nadal begeistern ihn. „Rechtshänder gegen Linkshänder, Kämpfer gegen Klasse. Hinzu kommt Novak Djokovic, ein grandioser Athlet.“ Den US-Profis indes fehle es etwas an der Einstellung. „Zu schnell zufrieden, zu soft“, meint Sampras. Allerdings mag er es nicht, wenn gleich von einer Krise im amerikanischen Herrentennis gesprochen wird.
Fans und Fachpresse sehnen sich zwar nach den nächsten Sampras' und Agassis. Aber deren Glanzjahre seien nun einmal eine „abgefahrene Zeit“ für alle gewesen, betont Sampras. Um dort wieder hinzukommen, wird es wohl noch zehn oder 20 Jahre dauern, denn „die Welt ist einfach besser und stärker geworden und die ausländischen Spieler sind ziemlich hungrig.“
Jene Zielstrebigkeit zeichnete Sampras einst aus. Er würde auch in der heutigen Zeit gerne spielen. Aber heute, so Sampras, gehe es eben nicht mehr nur um den Sport. Der Medienrummel ist größer geworden, sind Stars sind gläserne Athleten „Ich würde mit all' dem drumherum nicht klarkommen und mein iPhone ins Meer werfen“, sagt er.
Ob seine Söhne es mal zum Tennis-Profi schaffen? Da ist sich Sampras nicht sicher. „Ich gehe es langsam an, Schritt für Schritt.“ In der Woche bringt er die Kinder zum Tennis- Unterricht, am Wochenende bekommen sie Golf-Stunden. „Wir leben in einem Zeitalter von viel zu viel Technologie. Ich möchte einfach, dass sie aktiv sind und nicht nur im Haus sitzen“, sagt Sampras. „Wenn sie später mal Tennis spielen - toll. Wenn nicht, ist das auch ok für mich.“