Sogar Vize-Kanzler gratuliert - Tennis-Damen begeistern
Bratislava (dpa) - Einer der ersten Gratulanten war Vize-Kanzler Sigmar Gabriel. Noch während des abschließenden Doppels rief der SPD-Vorsitzende bei Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner auf dem Handy an und wollte sie und ihr Team zum Halbfinal-Einzug beglückwünschen.
Den Anruf des ihr freundschaftlich verbundenen Spitzenpolitikers konnte Rittner aber nicht annehmen - schließlich war sie noch als Coach auf dem Platz gefordert.
Dass Julia Görges und Anna-Lena Grönefeld in drei Sätzen verloren, wird nur als Fußnote in die jüngere Geschichtsschreibung des deutschen Damen-Tennis eingehen. Nach einem mitreißenden Auftritt beim 3:1-Sieg in der Slowakei hat es zum ersten Mal seit 19 Jahren wieder ein Team ins Fed-Cup-Halbfinale geschafft.
Dabei ist es vor allem die Art und Weise des Erfolgs, die begeistert und dem deutschen Tennis in diesen turbulenten Tagen die denkbar schönsten Schlagzeilen beschert. Mit diesem Team ist der Traum vom Titel schon in diesem Jahr ein realistisches Ziel.
Es war kurz nach 22 Uhr am Abend, als Andrea Petkovic beim Dinner im Restaurant „Al Faro“ das Rotweinglas erhob, sich in einer launigen Ansprache an Rittner, die Betreuer und ihre Teamkolleginnen Angelique Kerber, Julia Görges und Anna-Lena Grönefeld wandte und sagte: „Wir werden diesen Pott gewinnen. Wenn nicht in diesem Jahr, dann irgendwann. Davon bin ich zu tausend Prozent überzeugt.“
Die berühmten tausend Prozent sind zuletzt zu einem der Lieblingswörter der 26 Jahre alten Darmstädterin geworden. Man sei zu tausend Prozent konzentriert, sie brauche die Anspannung, um zu tausend Prozent trainieren zu können, erzählte sie in den vergangenen Tagen in Bratislava immer wieder. Nicht nur Petkovic glaubt ernsthaft an den ersten Titel seit 1992, als Steffi Graf, Anke Huber, Sabine Hack und Barbara Rittner im Endspiel Spanien bezwangen.
Halbfinal-Gegner Australien ist mit der früheren US-Open-Siegerin Samantha Stosur zwar gefährlich, aber schlagbar. Schon am Montag wurden die ersten Telefonate zwischen den Kontinenten über den Austragungsort geführt. Formal haben die Australierinnen am 19. und 20. April ein Heimspiel. In der Woche danach wollen allerdings die deutschen Spielerinnen und auch Stosur beim WTA-Turnier in Stuttgart antreten. Ob die Australierinnen ihr Heimrecht angesichts der Reisestrapazen abtreten würden, soll möglichst schnell in den kommenden Tagen geklärt werden.
Rittner wollte ihre australische Kollegin Alicia Molik anrufen und „mal vorsichtig vorfühlen“, wie sie es nannte. Der Anteil der 40 Jahre alten Teamchefin am Erfolg der deutschen Auswahl ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Als Petkovic im Eröffnungseinzel gegen die Australian-Open-Finalistin Dominika Cibulkova den ersten Satz 2:6 verloren und im zweiten einen Matchball gegen sich hatte, fand Rittner die richtigen Worte und coachte die Hessin zum Sieg.
Als alle Last und aller Druck von ihr abgefallen und zum x-ten Male in der Kabine die Tote-Hosen-Schlager „Tage wie diese“ und „Altes Fieber“ gelaufen waren, hielt Rittner im „Al Faro“ aus dem Stegreif eine 20-Minuten-Rede und bedankte sich bei jedem Teammitglied einzeln: Beim Arzt und bei den Physiotherapeuten, beim Fitnesstrainer, bei der Pressesprecherin, bei ihrem Co-Trainer. „Ich habe immer gesagt, dass die mentale Stärke und der Teamgeist entscheidend sein können“, sagte sie. Wer wollte, konnte schöne Grüße an das Davis-Cup-Team um Haas, Kohlschreiber & Co. heraushören.