„Merke, dass es gut ist“ Tennis-Altmeister Haas geht die Luft aus
Melbourne (dpa) - Völlig ermattet und verschwitzt warf Tommy Haas sein Tennis-Shirt ins Publikum und ging unter dem Jubel der Fans mit freiem Oberkörper von Außenplatz 8 im Melbourne Park.
19 Jahre nach seinem Debüt beim ersten Grand Slam der Saison verließ der Senior der Herren-Tour zum letzten Mal das Feld bei den Australian Open. Haas hätte sich schönere Umstände gewünscht als seine Aufgabe gegen den Franzosen Benoît Paire und stellte nach dem ersten von vielen Abschieden in seiner letzten Saison doch fest, dass es ihm langsam reicht.
„Ich merke, dass es gut ist“, sagte der 38-Jährige mit knapp zwei Stunden Abstand nach dem Match, das nach 1:38 Stunden beim Stand von 6:7 (2:7), 4:6 nicht unerwartet ein vorzeitiges Ende fand.
Der einstige Weltranglisten-Zweite pumpte trotz der plötzlich sinkenden Temperaturen nach der Tageshitze nach etlichen Ballwechseln heftig, ehe er weiterspielen konnte. Haas ließ sich behandeln und schluckte ein paar Tabletten. Aber er bekam doch nicht so viel Luft, wie er gebraucht hätte. Obwohl ihn schon früher einmal in Melbourne in der Hitze die Kraft verließ, konnte er sich an nichts Vergleichbares in seiner Karriere erinnern und das Erlebte kaum beschreiben.
Nicht nur die mächtigen Schläge des fast zwei Meter langen Paire bremsten Haas, der immer wieder mal sein einstiges großes Können andeutete. Die Emotionen zum Beginn der Abschiedstour nach langer Verletzung, der erste Auftritt nach drei Jahren in Melbourne raubten dem dreimalige Halbfinalisten Energie. Positiv, negativ, überwältigend, mal auf den nächsten Punkt gerichtet seien die Emotionen gewesen. „Es ist schwer nachvollziehbar für jemanden, der nicht in diesen Schuhen steckt“, versuchte Haas das zu erklären.
Das Turnier in Melbourne war ihm wichtig, auch wenn es nach 15 Monaten ohne richtiges Wettkampf-Tennis sicher nicht klug war, gleich in ein Match über bis zu fünf Sätze zu gehen. Haas hätte den ersten Durchgang, in dem er sogar 4:2 führte, schon gewinnen müssen.
Dabei schimpfte er wie zu besten Zeiten auf sich selbst, wurde verwarnt, belehrte Zuschauer, die entgegen der Tennis-Gepflogenheiten kamen und gingen, wie sie wollten. Es scheinen diese Stunden auf dem Platz, die ihn antreiben, von denen der Wahl-Amerikaner in diesem Jahr noch möglichst viele in sich aufsaugen will - außer bei sich um die Ecke im kalifornischen Wüstenort Indian Wells, wo er als neuer Turnierdirektor nicht selbst spielen darf.
Der Gedanke an einen sofortiger Rücktritt sei ihm auf dem Platz nicht durch den Kopf gegangen, betonte Haas. Seine sechs Jahre alte Tochter soll den zweifachen Papa noch des Öfteren aus der Box sehen und sich daran später im Leben möglichst daran erinnern. „Ich mache es für sie“, sagte Haas, „aber vor allem für mich.“ Seinen sicher noch zu frühen Auftritt in Australien nach der langen Pause bedauerte er trotz des Ausgangs nicht: „Ich bin sehr stolz darauf, dass ich das geschafft habe. Ich bereue es nicht eine Sekunde.“