Zverev-Brüder sorgen für Ernüchterung in Hamburg
Hamburg (dpa) - Alexander Zverev schwingt seine Vorhand nur noch auf dem Cover des Turnier-Magazins des Hamburger Rothenbaum. Die Ansage „Er will nicht nur spielen. Er will gewinnen“ auf dem Plakat ist längst Makulatur.
Denn schon in Runde eins war für den Hamburger Tennis-Jungstar Schluss: 5:7, 6:7 (2:7) verlor der 19 Jahre alte Shootingstar das Auftaktmatch bei seinem Heimturnier gegen den Spanier Íñigo Cervantes, nur die Nummer 82 der Welt. Damit verloren die 110. German Open ihr Zugpferd und Aushängeschild - zumal Zverev auch im Doppel mit seinem Bruder Mischa sang- und klanglos ausschied.
„Sehr schade“, sagte Turnierdirektor Michael Stich dem „Hamburger Abendblatt“. Er habe schlecht aufgeschlagen und nie ein richtiges Konzept gehabt, kritisierte der Ex-Profi. „Wir dürfen aber auch nicht vergessen, dass er erst 19 Jahre alt ist und noch viel zu lernen hat.“ Auch Davis-Cup-Kapitän Michael Kohlmann nahm den Hochbegabten nach dessen erstem Erstrunden-Aus seit den Australian Open im Januar (gegen Andy Murray) in Schutz: „Cervantes ist ein richtig guter Aschespieler. Solche Spiele sind immer eng“, sagte Kohlmann. „Und gerade in der ersten Runde kann man das auch mal verlieren. Vor allem wenn man, wie Sascha, bis vor kurzem noch auf einem anderen Belag gespielt hat.“
Oder war der Erwartungsdruck zu hoch? Auf diese Frage wollte Zverev nicht eingehen. Er hatte sich eine Erklärung zurechtgelegt, die er monoton wiederholte: „Ich konnte nach der Rasensaison erst drei Mal auf Sand trainieren. Dafür, dass ich so wenig Vorbereitung hatte, war das noch ganz okay.“ Der Teenager reagierte patzig wie schon nach seinem Drittrunden-Aus in Wimbledon gegen den Tschechen Tomas Berdych. Über die Unterstützung der Hamburger Fans meinte er: „Es gibt eben Momente, in denen dir niemand helfen kann.“
Zverev hätte zur Vorbereitung auf Asche allerdings noch Bundesliga für den Rochusclub Düsseldorf spielen können - wie Philipp Kohlschreiber am Sonntag für den Gladbacher THC. Er hätte auch in der Vorwoche am Rande des Braunschweiger Challengers trainieren können, wo er seinem älteren Bruder Mischa zuguckte und Cervantes das Finale erreichte.
Der Youngster, der seinen Wohnsitz nach Monaco verlegt hat, wirkte, als habe er schon das Selbstverständnis eines Großen. Und die gehen nach der Rasensaison auf der ATP-Tour nicht mehr zurück auf Sand, sondern gleich auf Hardcourt, auf dem die Olympischen Spiele in Rio und die US Open gespielt werden. Dass er das Potenzial zum künftigen Grand-Slam-Turniersieger hat, steht außer Frage. Am Rothenbaum kann er das im nächsten Jahr wieder unter Beweis stellen.